Herrn Burschis Gespür für Jazz

Der legendäre Royal Garden Jazz Club feiert in diesem Jahr sein 35-jähriges Jubiläum. Zu Besuch in einer Grazer Kellerinstitution.

„Servus, ich bin der Burschi!“ Die Begrüßung ist ebenso herzlich wie die jugendliche Ausstrahlung meines Gegenübers, das in der Grazer Jazzszene so etwas wie eine Legende ist. Wir haben uns im Royal Garden Jazz Club in der Bürgergasse verabredet, denn die Grazer Institution feiert in diesem Jahr ihr 35-jähriges Bestehen. Von der bewegten Geschichte des Lokals zeugen vergilbte Fotos und alte Autogramme, die hier überall an den Wänden hängen. Eine verbeulte Blechtrompete wird gewissermaßen zum Sinnbild für die guten alten Zeiten des Jazz. Der Club ist Wirkungsstätte und Lebenswerk von Burschi Wachsmann, der eigentlich Diethard heißt. „Aber seit ich denken kann, sagt jeder Burschi zu mir“, lacht der 76-Jährige spitzbübisch.

 

 

Ein Leben voller Jazz

Sein ganzes Leben habe sich bei ihm um den Jazz gedreht, erzählt er mir. „Seit 1955 bewege ich mich von ­einem Konzert zum anderen, war immer in der Szene.“ Aus einer Musikerfamilie kommend spielt er selbst ­Chello im Schülerorchester, später steht er mit der steirischen Jazz-Formation Murwater Ramblers auf der Bühne. In den Siebzigerjahren legt Burschi Wachsmann gleich nebenan in der Bürgergasse 8 als Jazz-DJ im ehemaligen „Jazz bei Freddy“ auf, organisiert Konzerte, holt Jazz­musiker nach Graz.

Volles Haus in der Bürgergasse

Zu dieser Zeit ist gerade die Royal Garden Jazz Band auf der Suche nach einem Probelokal. Der leer stehende Party­keller des Akademischen Turnvereins unter dem Gasthaus Stainzerbauer scheint dafür perfekt geeignet. Doch es soll nicht beim Proben bleiben: Immer öfter kommen Freunde und Bekannte, um den Darbietungen der jungen Musiker zu lauschen. Beim ersten großen Auftritt ist der Keller mit 300 Leuten bis auf den letzten Stehplatz besetzt. „Man hätte damals nicht einmal mehr eine Wurstsemmel zwischen den Zuhörern durchschieben können, so überfüllt war der Keller.“

Der große Zustrom bestärkt Wachsmann und seine Kommilitonen, aus dem Probenkeller einen richtigen Jazzclub zu machen. „Am 11. Dezember 1981 ist der Bescheid ergangen, dass der Royal Garden Jazz Club als Verein existiert.“ Der Rest ist Geschichte.

Jazzlegenden und feine Menschen

In den darauf folgenden Jahrzehnten holt Burschi Wachsmann das Who-is-Who der internationalen Jazzszene an die Mur. Jazzgrößen wie Joe Pass, Mark Murphy oder die weltberühmten Jazztrompeter Clark Terry  und Bill Perry stehen auf der Bühne des kleinen Clubs. „Alles nicht nur begnadete Musiker, sondern wunderbare, feine Menschen“, schwärmt Wachsmann. Immer wieder – in unterschiedlicher Besetzung – on stage: die Hausband des Clubs, die Royal Garden Jazz Band. Besondere Verbundenheit empfindet Wachsmann noch heute für den 2011 verstorbenen kroatischen Jazzmusiker und -veranstalter Boško Petrović. Selbst Betreiber eines Jazzclubs in Zagreb brachte Petrović viele namhafte Künstler nach Graz. Mit den Anekdoten aus der Jazzwelt könne

Wachsmann locker ein Buch füllen, schmunzelt er und erzählt etwa von einem Tennismatch gegen den russischen Startrompeter Valery Ponomarev, der seinen Sieg lapidar mit den Worten „You’re playing Tennis like a motherfucker!“ kommentiert hatte – in Jazzkreisen durchaus ein Kompliment. Um 35 Jahre lang einen Jazzclub zu betreiben, brauche man eine gute Portion Idealismus, so Burschi Wachsmann abschließend. Außer den Musikern arbeiten alle hier ehrenamtlich, mit den Förderungen sei es nicht weit her. Immerhin: Das Grazer Publikum bleibt dem Royal Garden Jazz Club treu. Immer noch kämen Freitag für Freitag Stammgäste, die seit den Anfangstagen dabei sind. Fast jeden, der hier über die Schwelle tritt, kennt er persönlich. „Wir sind wie eine große Familie.“

 

CLAUDIA PILLER-KORNHERR

Kontakt

Royal Garden Jazz Club

Bürgergasse 4

8010 Graz

www.royalgarden.at

 

Fotos: Royal Garden Jazz Club