Weltklasse-Olivenöl, sensationeller Pršut und feinste Trüffeln. Die kroatische Adria-Halbinsel hat sich zum Gourmet-Hotspot gemausert und bewegt sich dabei zwischen ursprünglich und raffiniert.
Willkommen im Schlaraffenland! Istrien ist mehr als Ćevapčići und Fleischplatte. Die Halbinsel zählt längst zu den spannendsten Gourmet-Hotspots Europas. Dabei ist die kroatische Adria-Halbinsel voller Gegensätze. Bodenständige, urige Konobas, Istriens Landgasthäuser, reihen sich an feine Haubenlokale.
Neben dem rustikalen Holzkohlegrill, auf dem Fisch und Fleisch brutzeln, liegt der Trüffelhobel bereit für seinen Einsatz. Aus dem einen Glas wird der ehrliche Landwein, aus dem anderen der im Barrique veredelte Tropfen getrunken.
Nirgendwo sonst in Kroatien gibt es eine größere kulinarische Vielfalt auf kleinerem Raum. Und über diesem lukullischen Wechselspiel zwischen ursprünglich und raffiniert schwebt wie ein feiner Schleier der klassische Duft Istriens nach honigsüßen Akazienblüten, wilden Kräutern, herben Trüffeln, warmem Waldboden, knorrigen Olivenbäumen und salzigem Meer, der Istrien eint.
Eine junge, kreative Szene mischt Istrien gastronomisch auf – von der Klasse der Restaurants zeugt der Gourmetguide Gault Millau. Während im ersten Bewertungsjahr nur vier Hauben nach Istrien reisten, sind es mittlerweile über 20. Hut, äh, Haube ab! Istrien hat längst den Sprung von der touristenbekochenden Ćevapčići-Insel zur Feinschmecker-Destination geschafft.
Und das nicht zuletzt wegen der herausragenden Qualität der heimischen Bodenschätze.
Nirgendwo gibt es besseres Olivenöl
Vor 15 Jahren hat noch kein Hahn nach istrischem Olivenöl gekräht – jetzt hat es Weltklasse-Niveau erreicht. Die italienische Olivenöl-Fibel Flos Olei kürte Istrien 2017 zur besten Olivenöl-Region der Welt. 61 der besten 500 Olivenöle aus 59 Ländern stammen von der adriatischen Halbinsel. Damit überflügeln die kroatischen Produzenten sogar die aus der Toskana, der Olivenöl-Bastion schlechthin.
Die ölige Weltspitze anzuführen, ist für die Istrianer allerdings nichts Neues: Bereits zu Zeiten der Römer galt ihr Olivenöl als das beste der damals bekannten Welt. Gut 2000 Jahre später haben sich die Olivenölbauern auf den Thron zurückgekämpft. Wie? Durch Weiterbildung, die Rekultivierung alter Terrassenanlagen und die Förderung der Pflanzung von Olivenplantagen seitens Politik und Touristik. Heute strecken in Istrien mehr als 1,5 Millionen Olivenbäume ihre Arme gen Himmel, sämtliche Betriebe produzieren ausschließlich Olivenöl der höchsten Güteklasse, Extravergine.
27 der 61 istrischen Hersteller wurden von Flos Olei mit mehr als 90 Punkten bewertet – Extraklasse. Und als i-Tüpferl gewannen Aleksandra Vekic und Klaudio Ipsa noch Spezialwertungen. Erstere in der Kategorie „mittelfruchtig“, letzterer gewann mit seinem reinsortigen Frantoio die Kategorie „intensiv fruchtig“.
Viele der preisgekrönten Öle presst Valter Smilovic in seiner Ölmühle Agromilo. Der Pionier der modernen Olivenöl-Herstellung gilt aufgrund seiner Erfahrung als der besten Müller Istriens. Er produziert auch zwei eigene Öle, beide besonders fruchtig und kräftig, die durch den hohen Anteil an gesundheitsfördernden Polyphenolen zur absoluten Weltklasse zählen.
Duilio Belić von Olea B.B. ist eigentlich hauptberuflich Banker. Das hindert ihn jedoch nicht daran, zwölf reinsortige, ausgezeichnete Olivenöle zu produzieren mit denen er die höchste von Flos Olei jemals vergebene Wertung in Istrien abräumte: 97 von 100 Punkten.
Kein Pršut ist wie der andere
Neben erstklassigen Ölen überzeugen Istriens Produzenten auch mit der Rarität Pršut. Den klassischen Rohschinken servieren die Kroaten bevorzugt bei der „marenda“, der istrischen Jause. Obwohl in derselben Bora luftgetrocknet, schmeckt doch jede Keule anders. Es kommt erstens auf die Schneidetechnik und zweitens auf die Menge an Salz, Pfeffer, Rosmarin, Lorbeer und manchmal auch Knoblauch an, mit der der jeweilige Bauer den Schweinsschinken mariniert.
Die Herstellung jeder Keule ist ein über Jahrhunderte wohlgehütetes Geheimnis, das in der Familie von Generation zu Generation weitergegeben wird. Den letzten Schliff erhält der Pršut schließlich im hauseigenen Weinkeller, wo er neben Fässern bis zum Ende des Sommers heranreift.
Und wie schmeckt die kroatische Spezialität? Der Pršut ist seinem italienischen Verwandten, dem Prosciutto, in Würze, Konsistenz und Geschmack ebenbürtig. Kostprobe gefällig? Feinsten Pršut und jede Menge andere hausgemachte Spezialitäten vom eigenen Hof serviert Familie Tončić auf ihrer Bauernhof-Konoba im Dörfchen Čabarnica.
Dank Papa Izak, der Trüffelsucher in vierter Generation ist, verfeinert der edle Pilz viele der großartigen Gerichte. Passend zur delikaten bäuerlichen Frischküche ist auch der grandiose Ausblick vom Gastgarten über das Mirnatal und auf die fernen Berge.
Auch Edi Duniš aus Šterna überzeugt mit hervorragendem Pršut von den eigenen Schweinen. Aufgrund fehlender Beschilderung muss man sich notfalls durchfragen, der Aufwand zahlt sich auf jeden Fall aus.
Gleich eine komplette Verkostung kann man sich in der Schinkenmanufaktur Fatoric auf der Zunge zergehen lassen. Geschlemmt wird nach telefonischer Voranmeldung in der hauseigenen Konoba in Vižinada. Wirklich eine Reise wert.
Wo gehobelt wird, da fallen Trüffeln
Optisch gewinnt sie sicher keinen Preis, dafür aber für ihr Aroma. Istrien hat das Glück, mit einer Fülle an Trüffelpilzen gesegnet zu sein. Acht verschiedene Sorten des Bodenschatzes gedeihen auf der kroatischen Adria-Halbinsel, der Diamant unter ihnen ist allerdings „Tuber Magnatum Pico“, die weiße Wintertrüffel, die im Mirnatal gedeiht.
Nur etwa 1.000 Istrianer haben die Lizenz, auf die Suche nach der kostbaren Knolle zu gehen. Von Mitte September bis Jänner sind die Auserwählten mit ihren Hunden in den Eichenwäldern des Tales auf der Pirsch. Genau dort hat Trüffelkönig Giancarlo Zigante die Guinness-Weltrekordtrüffel aus der Erde geholt, er sei – wie er selbst sagt – zufällig darübergestolpert. Heute ist Zigante der berühmteste istrische Trüffeljäger, niemand exportiert mehr der wertvollen Knollen in die USA.
Daneben ist er Winzer, Betreiber eines Trüffelrestaurants inmitten der Wälder des Mirnatales und erfolgreicher Produzent von Olivenölen, die zu den besten Istriens zählen – ausgezeichnet von der Olivenöl-Bibel Flos Olei.
Der weiße Trüffelpilz teilt sich mit seinem Verwandten aus Alba im Piemont zwar die DNA, nicht aber den Preis. Der ist ganz im Gegensatz erschwinglich und fairer kalkuliert. Ebenfalls ein Grund, warum im Herbst immer mehr Feinschmecker nach Istrien pilgern. Foodies genießen dabei besonders, dass mit dem weißen Edelpilz nicht gekleckert, sondern vielmehr geklotzt wird.
Großzügig über Nudeln, Eierspeise, Risotto, Polenta, Fisch oder Steak gehobelt, lässt sein Aroma Feinschmeckerherzen höherschlagen. Und: Trüffeln werden nicht nur in Gourmettempeln verkocht, sondern auch in den urigen Konobas gerne und reichlich eingesetzt.
Bis in den November hinein stehen Trüffelfeste an den Wochendenden an der Tagesordnung – wie etwa das Wein- und Trüffelfestival TeTa in Motovun Ende September oder die Zigante-Trüffeltage in Livade, die sich gleich über sieben Herbstwochenenden erstrecken. Sind Sie jetzt selbst im Trüffelfieber? Einige, meist ländliche, lizensierte Tartufai nehmen Gäste gerne mit zur Trüffeljagd. Viel Glück!
ELISABETH KRANABETTER
Beitragsbild: BLAHA PETR