In der Kunst des gebürtigen Grazers Constantin Luser greifen Musik, Malerei, Grafik und Bildhauerei verspielt und wie selbstverständlich ineinander. Das Resultat sind Werke von luftiger und klangvoller Poesie.
Wo ist der Link zur Musik? Diese Frage drängt sich sofort auf, wenn man Constantin Lusers Werke betrachtet: Bandoneon, Tuba, Waldhorn, Hupe, Orgel, Trommel, Trompete … Zahlreiche Musikinstrumente finden sich in den Skulpturen des Künstlers und manche Werke sind selbst „performative Skulpturen“, die Klänge erzeugen oder von Menschen „bespielt“ werden können. Die Antwort des Künstlers führt in seine Kindheit, denn bis zu seinem sechsten Lebensjahr lernte er Klavier. Als seine Klavierlehrerin meinte, dass in Korea bereits Dreijährige das Gleiche vollbringen, fand seine musikalische Karriere ein herbes Ende, worüber er heute lachen kann. Die humorvolle Leichtigkeit gegenüber den Lebensläufen spiegelt sich in seinen Werken, die sich verspielt und doch präzise, leicht und doch ernsthaft dem Betrachter zeigen. Die vermisste Sensibilität bei der Einschätzung seines musikalischen Talents ist möglicherweise ein Grund dafür, dass wir heute einem bildhauerischen Werk gegenüberstehen, das durchwirkt ist von surrenden, summenden Klängen – real oder gefühlt zwischen den zarten Messingstäben sich bewegend –, die zu schwingen scheinen und/oder in Schwingung versetzen.
Bewegung und Raum
Ein Schlüsselmoment für sein weiteres künstlerisches Schaffen sei gewesen, als er die Tuba von einem Freund seines Vaters gegen eine Zeichnung tauschte. Dass Messing zu seinem bevorzugten Material wurde, ist genau diesem Moment geschuldet. Die Tuba wurde zu einem bildhauerischen Grundelement und Lusers Interesse für Musik blieb wesentlicher Bestandteil seiner Kunst.
Dynamik und Ruhe sind zwei Konstanten, die Constantin Luser mit seiner Kunst anstrebt. Nicht nur, was den auditiven Eindruck anbelangt; auch unser Sehsinn soll gefüttert werden – Luser: „Das menschliche Auge reagiert auf subtile Bewegungen anders als auf Statisches.“ Und mit dieser Aufmerksamkeit, die sich durch die Dynamik, durch bewegte Elemente ergibt, spielt der Künstler. Werke hängen im Raum und können sich so frei „bewegen“. Es kann auch passieren, dass mancher Betrachter vor einer der großflächigen Wandzeichnungen einen leichten Schwindel erfährt, erzählt der Künstler, bis man merkt: „Das ‚Problem‘ liegt beim Kunstwerk!“ Diese kleinen oder auch größeren Irritationen sind vom Künstler bewusst gesetzt. Doppel- und Mehrfachlinien, Unschärfen, mehrere Ebenen und Schichten, das Erleben von Farbe und Linie in bewegter Dreidimensionalität, wie es beispielsweise in den aktuellen „Spiegelaquarellen“ möglich wird, all das lässt keinen Stillstand zu.
Das Neueste und das Älteste
„Es ist immer nötig, Dinge auszuprobieren als Künstler“, ist Constantin Luser überzeugt. So webt er in diese neuen Werke, die er kürzlich im Bildraum Bodensee präsentierte, sein „Hobby, die Malerei“ ein – das er seit langer Zeit nur im Keller pflegte – und spielt mit der Farbwelt. „Irgendwann fand ich es zu defensiv, immer mit dem schwarzen Stift zu arbeiten.“
„Ich will mich immer selbst herausfordern, neue Kombinationen finden.“ Neben dem Ausprobieren gilt: „Was bewährt ist, weiterentwickeln, um den künstlerischen Stillstand zu verhindern.“
Vibrosaurus
Zum Bewährten gehört auch ein Schlüsselwerk von Constantin Luser aus dem Jahre 2008, das nun in die Zukunft weist: Der mächtige „Vibrosaurus“, eine zehn Meter lange Messingskulptur aus Tuben, Signalhörnern und Mundstücken, stellt einen Saurier dar und befindet sich nach wie vor in seinem Besitz (obwohl es dafür bereits mehrere Angebote gab). Dieses Werk inspirierte ihn nämlich zu weiteren „Gruppeninstrumenten“ – diese sollen 2022 in Wien präsentiert werden. Mehr dürfen wir darüber noch nicht verraten.
Der gesuchte Link zum verkappten Musiker beziehungsweise Klangkünstler Constantin Luser ist jedenfalls immer präsent: „Ich spiele verschiedene Instrumente – sehr dilettantisch, aber mit Freude und nütze das wie eine Meditation.“
Info
Constantin Luser
Der gebürtige Grazer (1976) studierte Industrial Design an der FH Joanneum Graz. Seine ersten Zeichnungen stellte er in Graz aus. Nach dem Abschluss 1999 brach er nach Wien auf und studierte dort bis 2001 an der Akademie der bildenden Künste (Renée Green) und bis 2003 an der Universität für angewandte Kunst (Brigitte Kowanz).
Personalen (Auswahl): Hongkong, London, Zürich, Basel, Berlin, München, Köln, Jena, Nürnberg, Zagreb, Wien, Graz, Salzburg, Bregenz.
Gruppenausstellungen (Auswahl): Paris, Sotschi, Berlin, Frankfurt, München, Zürich, Basel, Genf, Venedig, Ancona, London, Dublin, Budapest, Graz, Wien, Krems, Linz.
Auszeichnungen:
2020: Dagmar-Chobot- Skulpturenpreis
2007: Boston Consulting & Belvedere Contemporary Art Award
Kunst in der Öffentlichkeit in Graz: „Molekularorgel”(Technische Universität); „Luftgarten” (Landeskrankenhaus), „Stille Post” (Post), Auftragsarbeit (Nationalbank)
CLAUDIA TAUCHER