Ob hören oder selbst musizieren: Musik massiert die Seele. Aber Instrument ist nicht gleich Instrument. Grund genug, beim Instrumentenbau in der Steiermark über die Schulter zu schauen.
Auf den ersten Blick mag eine Geige einfach aussehen wie – nun ja – eine Geige eben. Ein Instrument, dem man – je nach Können – Töne entlockt, die in bestimmter Reihenfolge gespielt von Ohren und Gehirn als Musik wahrgenommen werden. Musik ist Teil der meisten menschlichen Kulturen, gilt als universelle Sprache und – wie zig Studien belegen – beeinflusst unsere Stimmung, hat die Macht, zahlreiche Vorgänge im Körper zu dirigieren, von Herzschlag über Blutdruck bis hin zum Hormonhaushalt.
Nicht umsonst kommt Musik auch oft als therapeutisches Mittel zum Einsatz. Selbst zu musizieren, hat sogar noch tiefgreifendere Effekte: Es fördert Vernetzungen zwischen den Synapsen. Erwachsene Musiker sollen größere motorische und auditive Zentren haben, ihre Sprachregionen ein dichteres Netz an Nervenzellen aufweisen. Und ja, selbst zu musizieren macht auch glücklich, dient als Ventil für Gefühle und senkt Stress. Etwas, das in Zeiten wie diesen mehr denn je vonnöten ist.
Kommen wir zurück zur Geige. Oder besser gesagt, zu jemandem, der für dieses Instrument lebt. Geigenbaumeister Rupert Hofer. Seine Liebe zu Streichinstrumenten hat der Grazer schon als kleiner Bub übers Cello entdeckt. Seiner Profession widmet er sich seit 1997 in seinem Geigenbau-Atelier in der Grazer Leonhardstraße. Dort restauriert und repariert er Streichinstrumente und baut sie auch selbst nach alten Vorbildern wie Stradivari, Amati und Guarneri, alles in Handarbeit, von Schnecke über Decke, Stimmstock, Steg bis hin zu den Zargen.
Auch Holz ist hier nicht gleich Holz – zum Einsatz kommen unter anderem ausgewähltes Fichtenholz und geflammtes Ahorn, gearbeitet wird mit speziellen, ursprünglichen Werkzeugen und Techniken, die der Meister in der Geigenbauschule im bayrischen Mittenwald erlernt hat. Rund 200 Arbeitsstunden stecken in einer Geige oder Bratsche. Handwerkskunst, die natürlich ihren Preis hat – eine neue Meistervioline ist ab rund 19.000 Euro zu haben.
Hofer, der auch Landesinnungsmeister der Kunsthandwerker ist (zu denen die Musikinstrumentenerzeuger zählen), bietet in seinem Betrieb aber auch „normale“ Streichinstrumente an. Und legt Wert darauf, die Scheu zu nehmen, in einem Fachgeschäft einzukaufen. „Wie man so schön sagt: Wer billig kauft, kauft teuer – und bei Billiginstrumenten bleiben am Ende nur Verlierer übrig.
Es ist oft ein Mangel an Information, der die Leute dazu bringt, sich einfach irgendein Instrument online zu bestellen. Das kann aber schnell in Frust enden, denn ist ein Instrument schlecht justiert, macht das Spielen keinen Spaß, und man braucht oft viel Kraft – was besonders für Kinder ein Problem ist. Ein falsch eingestelltes Instrument produziert auch nicht den richtigen Klang, was verunsichert und demotiviert, gerade beim Lernen.“
Fakt ist also: Ein Musikinstrument sollte exakt an die Bedürfnisse desjenigen angepasst werden, der es spielt. Etwas, das vielen ambitionierten Neo-Musikern erst im Nachhinein bewusst wird. Der persönliche Kontakt im Geschäft spielt dabei eine wesentliche Rolle: „Wir versuchen, gemeinsam mit dem Kunden herauszufinden, was für ihn wichtig ist. Und auch, zu zeigen, wie bedeutend Feinabstimmungen sind, wie ein Instrument entsteht und was in unserer Werkstätte passiert – so entwickeln die Leute Gespür und Verständnis für unser Handwerk.“
Finanzielle Bedenken kann Hofer zerstreuen: „Wir versuchen immer, für jeden Kunden mit seinem Budget das Richtige zu finden. Ich möchte jedem die Möglichkeit bieten, ein Instrument zu spielen. Deshalb bieten wir Streichinstrumente auch zur Miete oder im Mietkauf-System an oder tauschen ein. Es gibt auch die Möglichkeit, sein altes Instrument oder seinen Bogen zurückzubringen, den geleisteten Preis minus Servicekosten gutgeschrieben zu bekommen und einfach die Differenz zum neuen Lieblingsstück aufzuzahlen.“
Vielsaitig
In derselben Schule wie Rupert Hofer hat auch Christoph Seewald sein Handwerk erlernt. In seiner Werkstatt in St. Leonhard entstehen allerdings keine Streichinstrumente, sondern Gitarren. Am liebsten fertigt er diese inspiriert vom Wiener Gitarrenbau aus dem 19. Jahrhundert, kombiniert Technik und Formensprache dieser alten Handwerkskunst mit zeitgemäßen Ergänzungen. Ebenso produziert er spanische Konzertgitarren, Stahlsaitenmodelle, auf Wunsch auch E-Gitarren sowie elektrische oder akustische Bässe, repariert Gitarren, verkauft handelsübliche Modelle und hat in seiner Werkstatt den einzigen Gitarrenbau-Lehrling Österreichs ausgebildet.
„Für einen Beruf wie diesen entscheidet man sich nur, wenn man mit Leib und Seele dahintersteht. Denn finanziell durch die Decke geht man damit nicht“, betont Seewald, der persönlichen Kontakt zum Kunden in der Branche nach wie vor für das A und O hält. „Die Beziehung zwischen Leuten, die etwas suchen und etwas anbieten, wurde in letzter Zeit immer mehr ausgelagert. Bei Instrumenten funktioniert das nicht.“ Apropos persönlich: Sobald die Situation es zulässt, lädt der Gitarrenbauer in der Grazer Brandhofgasse auch wieder zu Werkstattkonzerten.
Nach alter Schule
„Ein akustisches Instrument besitzt eine eigene Seele“, meint Stephan Fiedler, Inhaber des Klavierhauses Fiedler am Eisernen Tor. „In unserem Haus legen wir Wert auf alte Schule. Jeder Kunde soll das Instrument bekommen, das der Fachmann mit ihm erarbeitet. Kauft man ein Klavier, begleitet es einen meist viele Jahrzehnte. Es ist ein Familienmitglied – und ein solches würde man sich schließlich auch nicht im Internet aussuchen.“ Der Klaviermacher möchte aber auch die Schwellenangst nehmen, Klavierspielen zugänglich machen: Wer nicht gleich ein Klavier kaufen möchte bzw. kann oder nicht sicher ist, ob sein Kind die Begeisterung fürs Musizieren beibehält, kann auch mieten – und das bereits ab 40 Euro monatlich.
Es sind übrigens nicht vorwiegend Kinder, die mit dem Klavierspiel beginnen. „Ganz viele Erwachsene fangen bei null an, auch um herunterzukommen und sich zu erden. Ich hatte sogar einmal eine 83-jährige Dame als Kundin, die anfangs nicht einmal Noten lesen konnte und ein Jahr später toll gespielt hat. Der Vorteil beim Klavier ist ja, dass die Taste, die man drückt, schon den Ton ergibt. Man hat meist schnell Erfolgserlebnisse, selbst ein simples Stück klingt schon nach viel.“
Bis zur kleinsten Schraube
Dem Bereich der Blasinstrumente mit Leib und Seele verschrieben hat sich Johannes Plenk in Söding-St. Johann. Hier kennt man jedes Instrument bis zur kleinsten Schraube, fertigt, repariert und restauriert mit Herzblut. Ob Musikschulen oder Kapellen – Plenk sorgt dafür, dass der Ton wieder stimmt und entwickelt auch laufend neue Fertigungstechniken und Verbesserungen im Handling.
Auch bei PH-Music – so der Name von Plenks Shop – können Schulinstrumente wie Klarinetten, Saxophone und Co. ganz simpel gemietet werden. Die Welt der heimischen Instrumentenbau-Werkstätten hat aber noch mehr zu bieten.
Was wäre die Steiermark ohne die steirische Harmonika, entstanden in traditioneller Handwerkskunst? Dieser widmet sich Franz Schmidt in Niederschöckl seit 1984. Sein gleichnamiger Sohn übernahm 2007 die Geschäfte. Qualität steht beim Familienunternehmen Schmidt seit eh und je an erster Stelle: „Eine Harmonika ist ein Instrument, das man überall hin mitnehmen kann, somit ist sie Faktoren die Hitze, Kälte oder Feuchtigkeit ausgesetzt. Um in allen Situationen zu funktionieren und lange zu halten, muss sie mit ausgesuchten Materialien in Top-Qualität hergestellt werden. Schließlich ist die Produktion mit vielen Arbeitsstunden verbunden und kostet somit auch etwas Geld.“
Das jedoch gut investiert ist, nimmt man sich Franz Schmidt juniors Worte zu Herzen: „Beim Musizieren muss man andere Dinge ausblenden, sich ganz dem Instrument widmen. Und wenn das ‚Zusammenkommen‘ wieder einfacher sein wird, wird Musik auch wieder das machen, was sie immer schon gemacht hat: Menschen verbinden.“
ANJA FUCHS
Beitragsbild: Heimo Binder