Auch wenn der Fermentation in den letzten Jahren der Ruf eines Hipster-Trends anhaftet: Das Handwerk dahinter ist uralt. Wie die Milchsäuregärung in der eigenen Küche gelingt und wie unser Darm davon profitiert, verraten wir hier.
Beim Thema Fermentiertes denken viele erst einmal an den Klassiker nebst Omas Sonntagsbraten: Sauerkraut. Dabei nehmen wir beinahe täglich fermentierte Lebensmittel zu uns – von Sauerteigbrot über Schokolade, Essig, Käse, Joghurt bis hin zur Sojasauce. Im Zuge der Nachhaltigkeitsbewegung der vergangenen Jahre fand die traditionelle Methode des Haltbarmachens ihren Weg zurück in die Küchen der Starköche und Großstadt-Hipster. Es gärt an allen Ecken und Enden, und probiotische Lebensmittel sind so instagrammable wie noch nie. So zeitgemäß die Fermentation im Moment gefeiert wird, so weit reichen ihre Wurzeln zurück. Genauer gesagt ist sie die älteste überlieferte Art der Lebensmittelkonservierung – entstanden in einer Zeit, in der Kühlschränke und Stabilisatoren noch Zukunftsmusik waren.
„Der Weg zur Gesundheit führt durch die Küche, nicht durch die Apotheke.“ Sebastian Kneipp, Naturheilkundler
Was in einem Fermentationsglas passiert, klingt so spannend wie befremdlich zugleich: Wird etwa Gemüse in Salzlake luftdicht verschlossen gelagert, beginnen sich Mikroorganismen zu vermehren. Milchsäurebakterien verstoffwechseln die Kohlenhydrate im Gemüse, senken dabei den pH-Wert im Glas und machen unerwünschten Keimen den Garaus. Außerdem verdauen sie das Gemüse quasi „vor“, wobei das Ferment nicht nur gänzlich neue, spektakuläre Aromen entfaltet, sondern auch Vitamine und Nährstoffe freigesetzt werden. Besonders gerne gesehen sind Milchsäurebakterien im Darm.
Warum, bringt Mikrobiologin und Darmgesundheitsexpertin Eva Maria Hoffmann-Gombotz auf den Punkt: „Milchsäurebakterien begleiten uns – unter normalen Umständen – von Geburt an, sorgen für eine gute Nährstoffverwertung, ein starkes Immunsystem und für ein saures Milieu im Darm. Ein solcher ‚angesäuerter‘ Lebensraum ist für potenziell krank machende Erreger unattraktiv. Unser moderner Lebensstil, geprägt von Stress, Schlafmangel, Fast Food und Bewegungsmangel, vermindert die artenreiche Darmbakterienzusammensetzung enorm, wodurch ein Ungleichgewicht im Darm entsteht. Fermentierte Lebensmittel können helfen, Mensch und Mikroben wieder in Schwung zu bringen.“ Wichtig: Grundsätzlich gilt Fermentiertes durch das „Vorverdauen“ der Mikroorganismen als bekömmlicher als Rohkost – wer an Histamin-Intoleranz leidet, sollte jedoch lieber die Finger davon lassen, da im Zuge des Fermentationsprozesses hohe Mengen an Histamin freigesetzt werden.
Anja Fuchs
Fermentierte Rote Rüben mit Apfel und Kren
Zubehör: verschließbares 700 bis 750 ml Glas mit Fermentieraufsatz
Zutaten: 2 Rote Rüben, geschält und in Stücke geschnitten 1 Apfel, geschält und in Stücke geschnitten Pfefferkörner, Senfkörner frischer Kren, gerieben 500 ml Wasser ca. 10 g Salz
Zubereitung: Salz im Wasser auflösen. Rote Rüben, Apfel und Kren ins Glas schichten, Pfeffer- und Senfkörner hinzufügen und vollständig mit der Salzlake bedecken. Glas mit Fermentationsgewicht und Airlock verschließen und mindestens 2 Tage lang bei Zimmertemperatur fermentieren, anschließend kühl lagern
Verwendung: Schmeckt als Füllung für veganes Sushi oder auf frischem Brot mit Käse.
Fermentierte Salzzitronen
Zubehör: mehrere verschließbare Gläser mit Fermentieraufsatz (300 bis 500 ml)
Zutaten: 10 Stk. unbehandelte Bio-Zitronen, gründlich gewaschen und gekühlt 5 bis 6 Tage gewässert (Wasser täglich wechseln) ca. 350 ml frischer Zitronensaft ca. 1 l kochendes Wasser Salz, Lorbeerblätter, Wacholderbeeren, Thymian- und Rosmarinzweige, Pfefferkörner
Zubereitung: Gewässerte Zitronen so vierteln, dass die unteren Enden noch zusammenbleiben – Spalten mit je ca. 1/4 TL Salz füllen, Zitronen fest in die Gläser drücken, dazwischen die Gewürze schichten – Pro Glas 1,5 bis 2 TL Salz hinzufügen und mit kochendem Wasser übergießen, bis die Zitronen vollständig bedeckt sind. – Glas mit Fermentationsgewicht und Airlock verschließen. Zitronen brauchen Zeit, um weich zu werden und ihr volles Aroma zu entfalten – mindestens 3 bis 5 Wochen warten, anschließend kühl lagern
Verwendung: Salzzitronen passen perfekt zu Pasta, Risotto, zu Fisch- und Fleischgerichten und als Extra-Würzkick zu Suppen und Salaten
Fermentierter Karfiol
Zubehör: mehrere verschließbare Gläser mit Fermentieraufsatz (700 bis 750 ml)
Zutaten: 1 Kopf Karfiol, gewaschen und zerkleinert Salzlake (40 g Salz in 1 l Wasser gelöst) Gewürze nach Geschmack (Pfefferkörner, Knoblauchzehen, Chilischoten)
Zubereitung: Karfiolstücke in die Gläser schichten – Nach Wunsch Gewürze hinzufügen – Vollständig mit Salzlake bedecken – Glas mit Fermentationsgewicht und Airlock verschließen – Mindestens 5 Tage lang bei Zimmertemperatur fermentieren, anschließend kühl lagern
Verwendung: Ideal als Snack zwischendurch sowie als Zutat in Buddha-Bowls oder Salaten.
Einkaufsliste Fermentier-Basics:
• Fermentier-Gläser mit Glasgewicht zum Beschweren
• unraffiniertes Salz (zum Beispiel Stein- oder Meersalz) – kein jodiertes Salz
• Gewürze
• Gemüse bzw. Obst, am besten bio
Tipp: Harte Gemüsesorten wie Karfiol, Karotten oder Rote Rüben eignen sich für Fermentier-Einsteiger perfekt. Weiche Gemüsesorten erfordern etwas mehr Übung und höhere Salzkonzentrationen.
Workshops zum Thema
Fermentieren von Gemüse & Joghurtherstellung
25. September 2021, 9–16 Uhr, Genuss-Bauernhof Hillebrand, Premstätten.
Infos und Anmeldung unter genussbauernhof.com
Fermentationskurs 1 und 2 :
22. September und 20. Oktober 2021 (jeweils 18–21 Uhr), Geschmackslabor, Uni Graz. Infos und Anmeldung unter mitmachlabore.uni-graz.at
Natürlich konservieren
Jeweils Do., 16 Uhr oder Sa., 9 Uhr nach Vereinbarung ab 6 Teilnehmern, Kürbis & Kuchen – Kleindl GmbH, Graz. Infos und Anmeldung unter kuerbisundkuchen.at
Beitragsbild: Pexels/Kristina Snowasp