Kunst bereichert das Leben. Auf diese schlichte Tatsache macht die Bakerhouse Gallery in Graz so ganz nebenbei aufmerksam. Mit Wohlfühlatmosphäre, Zugang über alle möglichen technischen Tools und einladenden Künstlerinnen und Künstlern, die die Geschichten hinter ihren Werken erzählen.
Bye-bye, Elfenbeinturm. Diese Metapher für Abgeschiedenheit von der Welt galt lange Zeit für die Arbeit von Künstlerinnen und Künstlern. Manche haben sich gerne darin versteckt, manche kamen nie zum Vorschein und für nicht wenige wurde daraus nicht nur sinnbildlich ein Hungerturm. Offenheit ebnet für die Kunst den Weg zu den Menschen, die von den Werken inspiriert werden, deren Leben bereichert wird: „Die Farbe ist die Taste. Das Auge ist der Hammer. Die Seele ist das Klavier mit vielen Saiten. Der Künstler ist die Hand, … die die menschliche Seele in Vibration bringt“, brachte es 1912 Wassily Kandinsky in „Das Geistige der Kunst“ auf den Punkt.
Come in, we’re open!
Mit dem Elfenbeinturm hat die Grazer Bakerhouse Gallery nicht das Geringste gemein. Der im Oktober vorigen Jahres eröffnete 1.200-Quadratmeter-Kunstraum in der Herrgottwiesgasse kommt einem Wellnesstempel für Kunstfans nahe. Ja, auch wir wollen weich sitzen, während wir ein Gemälde betrachten und unsere Seele in Schwingung gerät, wir wollen bei einer guten Tasse Kaffee oder einem Drink mit den Kunstschaffenden reden und diskutieren. Das war für die drei Besitzer Christof Schell, Klaus Billinger und Tom Lohner klar. Und zwar noch bevor diese größte Privatgalerie der Steiermark eröffnet wurde.
Das Haus der Bäckerei
Ihren Namen bekam die Gallery von der Bäckerei in der Grazer Hofgasse. Im dritten Stock des Bäckereihauses arbeitete Tom Lohner damals und lud drei Mal zu Ausstellungseröffnungen. Vor solchen Events mussten allerdings viele Dinge ausgeräumt werden, der Platz war ganz einfach zu klein, auch für die Besuchermengen: „Bei einer Vernissage standen die Leute sogar unten in der Hofgasse Schlange“, lacht Tom Lohners Manager Klaus Billinger.
Dass einer der begeisterten Besucher, Christof Schell, den Platzmangel und das künstlerische Potenzial erkannte und die beiden ansprach, legte den Grundstein für die bestehende Bakerhouse Gallery. 1.200 Quadratmeter sprengten im ersten Moment deren Vorstellungen, aber mit unermüdlichem Einsatz wurde aus der Halle eine flexible Galerie mit verschieb- und einziehbaren Wänden, ein Studio für Tom Lohner und zeitweise für die Malerkollegin Tamara Kolb (wenn sie an Großformaten arbeitet) und auch ein Büro für Billinger.
Rahmen und Inhalt
Dass Lohner und Billinger den ansprechenden Rahmen mit ganz viel künstlerischem Leben füllen, zeigen die zahlreichen Aktivitäten und Ideen für die Kunstpräsentation.
In der Coronazeit, die sich allgemein für sehr viele Künstler besonders schwierig gestaltete, lud man zur Online-Vernissage mit Josef Florian Krichbaum. Der Ausstellungsbesuch war auch via Smartphone möglich, und wenn man zu einem bestimmten Exponat mehr wissen wollte, genügte ein Klick und der Künstler persönlich erzählte in einem kurzen Video die Geschichte dazu. „Wir haben erkannt, dass der Point of Sale bei einem Kunstwerk die Geschichte dahinter ist“, erläutert Billinger und setzt deshalb auf Information und Transparenz – auch, was die Preise anbelangt – und fährt damit ausgezeichnet. „Kunstwerke in unterschiedlichen Preissegmenten sprechen neue Sammler an“, weiß Billinger, und gerade in der Coronazeit beschlossen offenbar nicht wenige, in Kunst zu investieren. Daher konnte die Galerie keinen Einbruch verzeichnen und arbeitete mit Vollgas an neuen Möglichkeiten, die Kunst an den Mann und an die Frau zu bringen.
„Wir wollen dem Ganzen eine Leichtigkeit geben. Jeder ist hier willkommen und soll sich wohlfühlen!“ Künstler Tom Lohner über die Bakerhouse Gallery
Der Collector’s Room wurde neu gestaltet, digital wurde viel investiert: 3-D-Walk, Videos, Podcasts sind online – und bei der nächsten Vernissage wird eine neue App der Grazer Firma Fynd.art präsentiert. Mit dieser kann man jedes Kunstwerk einer Ausstellung scannen und erhält alle Infos, Preise und die Geschichte zu jedem Exponat. „Wir wollen dem Ganzen eine Leichtigkeit geben“, erklärt Tom Lohner die Idee hinter der Galerie, „aber künstlerisch eine extrem hohe Qualität präsentieren.“ Hauptausrichtung ist die figurative Kunst, die allgemein lange Zeit verpönt war. In der Bakerhouse Gallery wird sie ganz in den Fokus gerückt und erfährt große Anerkennung.
CLAUDIA RIEF-TAUCHER
Bakerhouse Gallery
Herrgottwiesgasse 125, 8020 Graz
Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 10–12 Uhr und 14–17.30 Uhr
An Wochenenden und Feiertagen geschlossen
bakerhousegallery.com
Stammkünstler
Tom Lohner, Carola Deutsch, Josef Florian Krichbaum, Tamara Kolb, Dagmar Beyer, Peter Kalkhof, Feromontana und Marion Rauter
Gastkünstler
Jörg Döring, Andrea Mühlbacher, Jolanda Richter, Michael Ernest Schranzer,Tom Wenzl (WENZO) und Jolanda Richter
Nächste Ausstellung:
THE BIG NOW!
Personale Josef Florian Krichbaum
Vernissage:
Freitag, 3. Juli 2020
Beginn: 19 Uhr
in der Bakerhouse Gallery und Präsentation der Kunst-App
Die Ausstellung ist bis 31. Julizu besichtigen.
Beitragsbild: Rief-Taucher