Alaska – Gletscher, Gold und Grizzlys

Alaska – Gletscher, Gold und Grizzlys
Eine Reise in das Land der Bären und Gletscher: In drei Wochen vom kanadischen Vancouver entlang der wilden Westküste Alaskas nordwärts bis zur Datumsgrenze.

Stolz ragt am Himmel der 5489 Meter hohe Mount St. Elias in den blauen Himmel. Vor uns wälzt sich ein riesiger Gletscher ins Meer. Vor dem Schiffsbug treiben Eisschollen im Wasser. Auf einer hat es sich eine Robbe bequem gemacht. Schauplatz dieser Szenerie ist die Icy Bay in Alaska, wo drei Gletscher ins Meer kalben. Mittendrin steuert die MS Roald Amundsen durch dieses Naturspektakel. Menschen und Schiff wirken wie Zwerge in dieser riesigen Wildnis.

Mit der MS Roald Amundsen die verborgenen Reiseschätze von Alaska kennenlernen (c) Puchinger

The Last Frontier.

Das 1,72 Millionen Quadratkilometer große Alaska hat die zwanzigfache Größe von Österreich, gerade einmal 738.000 Menschen leben hier. Es ist eine Welt der Extreme mit Wildnis, so weit das Auge reicht: 100.000 Gletscher, drei Millionen Seen, 12.000 Flüsse und 130 Vulkane. Hier sollen 100.000 Schwarzbären, 40.000 Braunbären, 1000 Eisbären und 175.000 Elche leben. Einsamkeit und Temperaturextreme sind allgegenwärtig. Die Orte an der Küste haben zumeist keine Straßenanbindungen zueinander, sie sind nur per Flugzeug oder Schiff erreichbar. Eisbrüche, wilde Tiere und indigene Völker locken also zu einer Entdeckungsreise – am besten auf dem Expeditionsschiff mit vielen Landgängen und Touren.

Unterwegs mit Jack London.

Im Hafen der westkanadischen Stadt Vancouver heißt es, Kurs auf Alaska entlang der Westcoast zu nehmen. Kaum zu glauben, dass hier ab 1897 hunderttausend Menschen nordwärts nach Alaska unterwegs waren. Dem Lockruf des Goldes folgend. Unter ihnen war auch der Schriftsteller Jack London. Seine Romane sind jedenfalls die perfekte Lektüre für die Reise in den Norden. Wale, Delfine und Seevögel sind unsere ständigen Begleiter, am Bug gibt’s tagsüber fachkundige Infos vom Expeditionsteam über „tierische“ Begegnungen. Die Experten und Wissenschaftler bereiten auch mit feinen Vorträgen auf die ersten Landgänge und das Reiseziel Alaska vor (Bordsprache ist neben Englisch auch Deutsch!). Ein Schiff zum Chillen, Genießen und Wohlfühlen, doch der Schwerpunkt bleibt das Entdecken. Der Name Roald Amundsen steht für Abenteuer, der Norweger war als erster Mensch am Südpol. Totems und Wale.

Berge, Wälder, der mächtige Stikine River und das 2000-Seelen-Dorf Wrangell ergeben eine perfekte Kulisse, die nach der Anlandung zu Fuß erkundet werden will. Die Einsamkeit und das raue Leben sind dort auch heute noch spürbar. Holzfäller tuckern in ihren Pick-ups zum General Store, der Saloon ist trotz Handy und Social Media noch immer Treffpunkt Nummer 1. Wrangell ist überschaubar – eine Hauptstraße entlang der Bucht, dazu einige Seitenstraßen. Das war’s dann, dahinter wartet auch im 21. Jahrhundert die Wildnis. „8000 Jahre Siedlungsgeschichte sollen hier nachgewiesen sein“, hatte Expeditionsleiter Steffen Biersack in seinem Briefing erklärt. Wir besuchen das Chief Shakes Tribal House, das von der Geschichte der lokalen Tlingit-Kultur erzählt. Nachmittags erleben wir spektakuläre Stunden bei einer Bootstour, wo Delfine, Buckel- und Schwertwale, Fischadler und Seeotter für grandiose Tiererlebnisse sorgen.

Totempfähle der Haida und Tlingit im National Historical Park in der ehemaligen russischen Hauptstadt Alaskas: Sitka (c) Puchinger

Großes Land für kleines Geld.

Welcome in Sitka, willkommen in der ehemaligen russischen Hauptstadt von Alaska. Ursprünglich über Jahrtausende von den Tlingit-Indianern bewohnt, wurden „New Archangel“ (Sitka) und Alaska 1804 von Russland erobert und ausgebeutet. 1867 konnten die USA das scheinbar wertlose Alaska um den Schnäppchenpreis von 7,2 Millionen Dollar kaufen. Russland war damit seine Besitzungen am amerikanischen Kontinent los – bevor Gold und Erdöl entdeckt wurden. Zu sehen gibt es in Sitka viel, vom russischen Bischofshaus und der orthodoxen Kathedrale St. Michael bis zum National Historical Park, wo im Wald kunstvoll verzierte Totempfähle der Haida und Tlingit in den blauen Sommerhimmel ragen. Das Schiff folgt den Spuren der Ureinwohner, Goldgräber und Russen nordwärts.

Next Stop: Kodiak Island.

„Emerald Island“ ist mit 9500 Quadratkilometern die größte Insel von Alaska. Die Hauptstadt wirkt sogar ein wenig urban, hier trifft indigene Tradition auf moderne Kultur. Kaffeehäuser, Shoppingcenter und Museen repräsentieren das moderne Alaska, Holzhäuser zeugen vom „Wildweststil“ der Vergangenheit. Der Wohlstand rührt hier vom Fischfang, den praktizierten auch bereits die hier seit 7000 Jahren ansässigen Alutiiq-Ureinwohner. Interessant ist jedenfalls die Wanderung im Fort Abercrombie Historical Park durch wuchernden nordischen Regenwald – bis zu wuchtigen Betonbunkern. Im Zweiten Weltkrieg verwandelte sich Kodiak nämlich zu einem wichtigen Stützpunkt für die US-Marine im Nordpazifik. Größer und wilder als der Abercrombie Park ist nur noch das Kodiak Wildlife Refuge. „Dort leben auch die berühmtesten Bewohner unserer Insel: 3500 Kodiak-Bären“, erklärt Bärenguide John. Sagt es, verfrachtet uns in seinen kleinen Allradjeep und dann geht’s über Stock und Stein und durch Bäche auf Entdeckungstour zu den größten Grizzlys von Alaska.

Grizzlyparadies.

Im 1,6 Millionen Hektar großen Katmai-Nationalpark verstecken sich über ein Dutzend aktiver Vulkane, das gespenstische „Valley of the 10.000 Smokes“ und 2000 Grizzlys! Beste Voraussetzungen, um an den Flussmündungen in den Zodiacs Ausschau nach Bären zu halten. Grizzlys suchen dort nach Beeren und Muscheln, im Juli sorgt der Zug der Lachse für „Vollpension“. In Geographers Harbor haben wir Glück: Eine Bärenmama mit Jungen sorgt für eine grandiose Beobachtungsstunde.

Alte, pittoreske Schulbusse finden in Nationalparks und hier in Dutch Harbor für den touristischen Transport Verwendung. (c) Puchinger

Aleuten.

Wir cruisen entlang der fast menschenleeren Aleuten westwärts und überschreiten für kurze Zeit sogar die Datumsgrenze. Wie eine Perlenkette schieben sich 162 Aleuteninseln bogenförmig am Südrand des nordpazifischen Beringmeeres von der Alaska-Halbinsel in Richtung Westen bis zu den russischen Kommandeur-Inseln. Der nächste Stopp: Das Dorf Chignik ist typisch für die Aleuten. Gerade einmal 92 Personen leben hier, zumeist vom Fischfang. Roter Lachs ist seit über 100 Jahren die wichtigste Existenzbasis für die Bewohner. Man muss Einsamkeit mögen, um hier zu leben. Gelegentlich kommt die Fähre vorbei, ansonst geht’s per Kleinflugzeug auf Kodiak Island.

Ghosttown und Dutch Harbor.

Tags darauf wartet auf Unga Island eine richtige „Ghosttown“. Den Bewohnern fehlte hier die Existenzgrundlage, Erdbebengefahr tat das Übrige – die Siedler wanderten ab. Zurück blieben verfallene Holzgebäude, der Friedhof und verwilderte Kühe. Ganz anders präsentiert sich Dutch Harbor. Um 1880, die Amis hatten Alaska den Russen schon abgekauft, kehrte die Zivilisation hier eine Schule und ein Krankenhaus wurden gebaut. Und der Fischfang intensiviert. Eine wirklich „dunkle Geschichte“ erlebte das Städtchen im Verlauf des Zweiten Weltkrieges mit dem Angriff der Japaner, was reich bebildert im Museum nachzusehen ist. Oder live bei Wanderungen auf die umliegenden Hügel – Bunker und verrostete Kanonen sind dort Fotomotive.

Gold, Gold.

Zwei glückliche Schweden und ein Norweger fanden 1898 im Anvil River nahe Nome Gold – und sorgten für den „Nome Goldrush“. 1899 lebten und schürften hier über 10.000 Menschen. Einige wenige wurden reich, viele blieben arm. Bis heute kann man hier Zeugnisse der Goldrauschzeit finden, Bagger, Eisenbahnschienen und verrostete Dampfmaschinen sind Zeugen dieser Ära. Moderne Digger schürfen auch heute noch nach Gold. Jedenfalls war das Lesen des Romans „Der Ruf der Wildnis“ von Jack London eine perfekte Vorbereitung auf den Goldrush. Nome war auch Endpunkt dreier Expeditionen des Südpolhelden Roald Amundsen. Heute wandeln Besucher durch ein 3000-Menschen-Städtchen und erleben immer noch den Abenteuerspirit und die Goldrauschatmosphäre. Eine durchgehende Straßenverbindung zur Außenwelt gibt’s nicht – und das Biertrinken im Saloon ist eine Zeitreise. Willkommen am Ende der Welt.

 

Beitragsbild: Sepx Wangrell