„Eine Mischung aus Talent, Fleiß, der richtigen Art von Ehrgeiz und Glück.“ So beschreiben seine Mentoren den 25-jährigen Musiker Patrick Hahn. Andere sagen einfach: Shootingstar.
Shootingstar, Wunderkind, neuer Mozart … Viele Zuschreibungen dieser Art eilen seinem Ruf voraus: Wenn Patrick Hahn vor seinem Auftritt in Eggersdorf locker, aber sehr fokussiert zum Interview erscheint, glaubt man ihm sofort, dass dieses „Heimspiel“ mit Bekannten, Verwandten und Freunden im Publikum für ihn etwas Besonderes darstellt. An diesem Abend sollten im Film von Erwin Schwischay, der den jungen Künstler ein Jahr lang durch die Welt (Tokio, USA, Wien, Hamburg, Eggersdorf) begleitete, einige seiner Mentoren zu Wort kommen. Sie bescheinigen ihm nicht nur höchstes Talent und eine ursprüngliche Musikalität, sondern auch seine Fähigkeit, frei von Eitelkeit auf Menschen spontan einzugehen – unverzichtbar für einen Dirigenten.
„Ich habe mich schon früh zur Musik hingezogen gefühlt“, erzählt der 25-Jährige, aber „Dirigent war als Berufswunsch sicher nicht dabei“, schmunzelt er. Wie auch seine beiden Brüder habe er ein Instrument erlernt, „weil es halt üblich war“. Vom Klavierspiel war der Weg zur Kirchenorgel in Laßnitzhöhe nicht weit, mit zwölf spielte er ganze Messen. Und vom Chor der Grazer Kapellknaben führte ihn der Weg zur Leitung des Kirchenchors in Laßnitzhöhe. Im wahrsten Sinne des Wortes ein Kinderspiel“ für ihn. Wie auch seine erste Komposition, die Kurz-Oper „Die Frittatensuppe“, deren Uraufführung er mit zwölf Jahren selbst dirigierte. Wen wundert’s also, dass er parallel zum Gleisdorfer Gymnasium bereits auf der Grazer Kunstuni Klavier studierte – wo er nach der Matura auch das Dirigierstudium startete.
Seine Engagements in so jungen Jahren lassen, schlicht gesagt, vor Ehrfurcht erblassen: Als Dirigent arbeitete er etwa (um nur einige zu nennen) mit den Münchner Philharmonikern, Dresdner Philharmonikern, Wiener Symphonikern, der Staatsoper Hamburg und der Bayerischen Staatsoper München zusammen, 2017/18 war er als Solorepetitor an der Staatsoper Hamburg tätig, in den Jahren darauf dirigierte er erstmals in der weltberühmten Elbphilharmonie.
Wacht man manchmal auf und fragt sich, ob das alles mit knapp über 20 real ist? „Ja, diese Momente gibt’s schon“, antwortet Hahn – „aber viel Zeit zum Sinnieren bleibt nicht“, fügt er gleich hinzu. An diesem Abend steht beispielsweise sein köstlich schwarzhumoriges Musikkabarett „Hahn singt Kreisler“ auf dem Programm. Er beschreibt diese Abende als „Hobby, das sich irgendwann verselbstständigt hat – eine willkommene Abwechslung“. „Ich glaube, es ist wichtig, dass mir nie etwas zu blöd war“, erklärt Patrick Hahn seine Vielseitigkeit. „Jazz, Chansons … In jungen Jahren muss man sich ausprobieren, man weiß noch nicht, was zu einem passt.“ Das Dirigieren steht nun für Hahn zweifelsfrei im Zentrum und bringt ihn in der Saison 2021/22 als jüngsten Generalmusikdirektor des deutschen Sprachraums ins Wuppertaler Opernhaus.
Er selbst beschreibt seinen künstlerischen Weg als „überdurchschnittlich weit“, dennoch hatte er nie konkrete Ziele: „Es hat sich so vieles ergeben.“ Schlüsselmomente gab es schon in seiner Karriere: zum Beispiel, als er 2017 beim Luzerner Sinfonieorchester sehr kurzfristig eingesprungen ist. „Das war eine Hop-oder-Drop-Situation.“ Wer aber hier keine Qualität abliefere, dem helfe dieser Glücksmoment auch nicht weiter.
Ob es für den Mittzwanziger Hahn ein Leben außerhalb der Musik gibt? „Ich fürchte, die Antwort ist wenig spannend. Es hat in meinem Leben fast alles mit Musik zu tun. Aber ich genieße es, wenn ich zu Hause in Eggersdorf mit der Familie am Lagerfeuer sitze.“ Denn dann sei Musik kein Thema.
Info
Patrick Hahn wurde 1995 geboren und wuchs in Eggersdorf bei Graz auf. Das Klavier- und Dirigierstudium absolvierte er an der Kunstuniversität Graz. Der Dirigent, Komponist und Pianist wird ab 2021/22 zum Generalmusikdirektor – der jüngste im deutschen Sprachraum – der Wuppertaler Bühnen und Sinfonieorchester bestellt.
patrick-hahn.com
CLAUDIA TAUCHER
Beitragsbild: C&G Pictures Gerhard Donauer