In vierter Generation angelt sich Familie Krenn in einem ehemaligen Kino in der Südweststeiermark Karpfen und Gäste. Das ganze Jahr über.
In den meisten Haushalten hat er am Heiligen Abend seinen großen Auftritt: der Karpfen. Wer ihn nicht selbst zubereiten mag, kehrt in die Gaststube der Krenns ein. „Der 24. Dezember ist unser stärkster Tag“, lacht Karl Krenn, verantwortlich für den Servicebereich des Karpfenwirts und vierter Karl seines Familienbunds. Bruder und Koch Wolfgang Krenn schröpft im Vorbereitungsraum mit seinem Team Karpfen. 70 Stück stehen heute auf der fischigen Agenda, parallel dazu werden Gansl und Enten zerlegt. Auch wenn es Herbst und Winter hier in der Südweststeiermark gastronomisch in sich haben, der Karpfenwirt hat seinen Namen nicht von ungefähr.
5.000 Fische pro Jahr gehen in St. Martin im Sulmtal im Lokal und Ab-Hof-Verkauf über die Theke, 85 Prozent davon stammen aus den eigenen Teichen, die mit biodiversem Gedankengut und Futtergerste von den eigenen Äckern bewirtschaftet werden. „Mein Vater hat mir alles beigebracht, was ich über Karpfen und das Fischen weiß“, erzählt Karl Krenn, der vor der Betriebsübernahme 2015 militärische Auslandseinsätze absolvierte. Die Teichanlage im Familienbesitz besteht seit 1934, die Digitalisierung macht aber auch vor Schuppen nicht halt. Kürzlich wurde wieder eine neue Wehranlage gebaut, in Kameraüberwachung und Computersteuerung investiert.
„Ein gut gehaltener und gefütterter Karpfen ist nicht fett. Das Fleisch ist zart, gleichzeitig kompakt und hat einen guten Biss“, Küchenchef Wolfgang Krenn
Vorteile hin oder her
Lange war der Karpfen als Speisefisch verschrien. Zu fett sei er, grundeln und letteln würde er. Viele Vorurteile, denen die Krenns mit nachhaltiger Bewirtschaftung, glasklarer Qualität und kurzen Transportwegen entgegentreten. Serbisch zubereitet bestellen die Karpfenwirt-Gäste den Fisch besonders gerne. 300 Sitzplätze und 60 weitere im Gastgarten erfordern seit Bestehen 1933 Einsatz über Generationen hinweg. Von den Sechzigern bis 1986 beheimatete die Gastwirtschaft sogar ein Kino. Mit Aufkommen des Farbfernsehens blieben die Besucher schlussendlich mehr und mehr aus. „Wir wohnen immer noch alle in diesem Haus. Klar, dass es da ab und an zu kleinen Konflikten kommt“, schmunzelt Karl.
Am Tag des Heiligen Abends ist die Gaststube von 8 bis 15 Uhr geöffnet. Die Frage, was an diesem Tag gegessen wird, erübrigt sich logischerweise. „Den ersten Weihnachtsfeiertag begehen wir trotzdem traditionell im großen Familienbund. Da gibt es dann aber in der Regel keinen Fisch“, lacht der Hausherr. Ohnedies hat der Karpfenwirt von Mai bis Jänner stets Wild aus der eigenen Jagd und von der Koralm auf der Karte. Rindfleisch bezieht man aus Trahütten, Lamm aus Weiz, Gemüse aus Wundschuh. „Regionalität spielt uns an unserem etwas entlegenen Standort in die Hände. Klar, dass wir sie ausschöpfen.“
Tina Veit-Fuchs
Gebratener Karpfen
Zutaten:
2 Karpfenfilets (à ca. 400 g, mit Haut, küchenfertig, geschröpft)
4 EL Zitronensaft
800 g vorwiegend festkochende Erdäpfel
4 EL Mehl
2 EL Öl
1 EL Butter
100 ml Milch
Muskat
½ Bund Schnittlauch
Zubereitung:
Fischfilets kalt abspülen und trocken tupfen. Filets in je zwei gleich große Stücke teilen und mit Salz, Pfeffer und Zitronensaft würzen. Erdäpfel schälen und in kochendem Salzwasser ca. 20 Minuten weich garen. Inzwischen Fisch auf der Hautseite mit Mehl bestäuben. Öl und Butter in einer beschichteten Pfanne erhitzen. Filets darin auf der Hautseite scharf anbraten, Hitze reduzieren und die Filets in 4 bis 5 Minuten langsam knusprig braten, dabei ständig mit dem Bratfett übergießen. Erdäpfel abgießen und kurz ausdämpfen lassen. Milch und restliche Butter zugeben und mit dem Kartoffelstampfer fein zerstampfen. Mit Salz und Muskat würzen. Anrichten.
Beitragsbild: Mauthner/Widmar