Hallo, Teufelskralle! Handlettering – der neue Trend!

Wie viel Spaß haben Ihre Finger beim Tippen? Wir haben unsere getrennt voneinander befragt, und sie waren sich alle einig: Handlettering ist der neue Trend!

Für einen gelungenen Einstieg haben wir die Spezialistin Katja Haas zum motivierenden Gespräch in die VIA-Redaktion eingeladen.

Es ist so: Meine Finger konnten früher einmal ziemlich schön schreiben und die Hände hatten richtig Spaß dabei. Dann kam der Journalismus und die Technik verwischte die Feinmotorik, Sie wissen schon: Tastatur und Aufnahmegerät – und was manuell notiert wird, muss rasant vonstattengehen. Bye-bye, Schönschrift – hallo, Teufelskralle!

„Keine gerade Linie“

Foto: SandBlume

Die Hände wollen aber sinnliche Erlebnisse (nicht nur das, was Sie jetzt denken), also verwundert es nicht, dass Handlettering der neue Trend geworden ist: Dann, wenn alle nur noch tippen oder übers Handy wischen und öffentlich diskutiert wird, ob Kinder in der Schule überhaupt noch Schreibschrift lernen sollen, besinnen sich nicht wenige auf unsere Schreibkultur und schwingen Pinsel, Brush Pens und Federn. Katja Haas ist so eine – eine Steirerin, die die Schönschrift, neudeutsch Handlettering, sogar zu ihrem Beruf gemacht hat. „Schreibschriften haben mich immer schon interessiert“, erzählt die ehemalige Touristikerin, die als Quereinsteigerin im Grafikdesign vor allem am Computer damit experimentierte.

Nach einem Onlinekurs aus Amerika vor nunmehr sechs Jahren fing sie aber Feuer: „Es öffnete sich für mich eine neue Welt – Brush Lettering lässt viel mehr Freiheiten als etwa die Spitzfederkalligrafie.“  Das Schreiben mit dem Pinsel wurde eine Passion: „Ich habe nächtelang geübt!“ Katja Haas versichert: „Ich selbst tu mir total schwer mit geraden Linien“ und macht allen Mut, die es versuchen wollen: „Man braucht keine schöne Handschrift, denn man kreiert, man zeichnet die Buchstaben ja mehr, als man schreibt!“ Mit speziellen Stiften fällt diese Technik auch leichter als etwa mit einem echten Pinsel. Der Brush Pen, dessen Spitze ein Filzschwämmchen bildet, wird bei den Strichen aufwärts dünn geführt und abwärts dick. „Und dazwischen absetzen“, erinnert Haas.

Lieber kreativ als perfekt“

Ich tu mir total schwer mit geraden Linien!” Katja Haas versteht es, die eigenen Zweifel punkto Geschicklichkeit wegzuwischen. „Man darf sehen, dass es Handlettering ist!” (Foto: SandBlume)

Über die Hochzeitspapeterie, ein Steckenpferd von Haas, kam die selbstständige Unternehmerin zum Handlettering. Eine glückliche Fügung führte sie dann zu ihrem Beruf: Ein Kölner Sachbuchverlag lud sie ein, ein Buch über das Thema zu schreiben –mittlerweile ging dieses bereits 90.000 Mal über den Ladentisch, ihr erstes Übungsheft 140.000 Mal. Inzwischen hat Katja Haas einige Sachbücher mehr, ein Stickerheft und Non-Book-Produkte im Portfolio und bietet auch Kurse und Workshops an, in denen sie ihr Wissen weitergibt. In ihrem eigenen Onlineshop verkauft sie außerdem Stifte und andere Materialien. Haas: „Man kann aber mit jedem Stift starten!“ Handgemachtes fasziniert die Wahlgrazerin, „man entwickelt nach einiger Zeit seinen eigenen Stil – und Handlettering wirkt sich positiv auf die Handschrift aus“. Sie liebt die kreative Tätigkeit – „lieber kreativ als perfekt“, so ihr Credo. Mit einer alten Druckpresse, einem Heidelberger Tiegel aus dem Jahr 1948 und 1,2 Tonnen schwer, druckt sie selbst Karten, Billetts und Co.

Zeitgeist Entschleunigung

„Wir sehnen uns nach Entschleunigung“, stellt Haas fest und vermutet darin den Hauptgrund für das neue Trendhobby. „Handlettering hat tatsächlich etwas Meditatives; die Zeit vergeht im Flug dabei.“ Das finden meine Finger übrigens auch – und ich sage immer öfter: „Hallo, Schönschrift!“

Claudia Taucher

Beitragsbild: SandBlume