Schaum- party de luxe

Schaum- party de luxe
Lebenslagen, die früher mit Champagner begossen wurden, schreien heutzutage nach Pétillant Naturel, kurz Pét Nat. Der natürlichen Perlage aus der Steiermark auf der Spur.

(c) Nikola Milatovic

Perlwein, Schaumwein, Sektgefährte der Orange-Wine-Fraktion – ja, was nun? Wer prickelnde Kugerl im Alkohol mag, hat meist ganz individuelle Sprudel-Liebesgeschichten zu erzählen. Unsere und die einiger Pét-Nat-Produzenten aus der Steiermark finden hier ihre Verschriftlichung. Moment mal, Pét Nat? Ja, Pét Nat – kurz für Pétillant ­Naturel – bedeutet genau das: natürlich prickelnd. Das Kürzel beschreibt prickelnden Wein, der ohne Zusätze und ganz natürlich mit nur einer Gärung auskommt. Bekanntlich entsteht bei alkoholischer Gärung Kohlensäure, wenn sich der Zucker auf natürliche Weise in Alkohol verwandelt.

„Bei Pét Nat gibt man in gewisser Weise die Kontrolle ab.“ – Klaus Fischer, Winzer

Beim Champagner wird fertiger Wein abgefüllt und durch Zugabe von Zucker und Hefe ein zweites Mal vergoren. „Bei Péts Nats hingegen wird Traubenmost, der sich noch in der alkoholischen Gärung befindet und noch natürlichen Restzucker enthält, in Flaschen gefüllt und etwa mit Kronkorken verschlossen. Ab diesem Zeitpunkt geben wir Winzer die Kontrolle ab. Péts Nats sind nicht so geführt wie Herkömmliches“, führt Klaus ­Fischer aus. Damit nimmt man auch eine gewisse Flaschenvarianz in Kauf. Erklärt das bereits den Spaßfaktor, von dem so viele sprechen, wenn es sich um Péts Nats dreht? Um das und gegebenenfalls das augenscheinliche Sprudelpotenzial zu überprüfen, müssen erst mal Flaschen geöffnet werden. Fischers Weinkeller in St. Anna am ­Aigen bildet den Rahmen dafür.

„Es gibt Weine, die gären schnell, und Weine, die gären langsam.“ – Josef Totter, Winzer

(c) Nikola Milatovic

Dass diesmal neben dem Gastgeber Klaus Fischer gleich sieben Winzerkollegen und eine Winzerkollegin einen Platz eingenommen haben, spricht einerseits für die Beliebtheit des Sprudelthemas, andererseits für den Wunsch nach Austausch unter Berufsgenossen. Wir starten rein mit Hannes Harkamps belebender Symbiose aus Kogelberger Quitte und der Apfelsorte Kronprinz Rudolf. „Ich wusste früher nie, was ich mit all den Äpfeln und Quitten auf unserem Hof anfangen soll. Erst haben wir Saft gemacht, dann Essig. Jetzt produzieren wir damit rund 2.000 Flaschen Pét Nat“, erklärt der renommierte Winzersektproduzent. Essig- und Saftnuancen mit ­feinem Oxymel-Charakter orten wir in Herbert und Karl Heinz Königs Variante mit Silberberger Mammutquitte. Die Winzer selbst sind nicht anwesend.

„Wertigkeit und Spaß schließen einander nicht aus.“ – Tamara Kögl, Winzerin

„Nicht so sauber, erdig und süß“, wittert die Kollegenschaft. BirnNat 2022 mit leichtrauchiger Nase und ein bisschen Kimchi am Gaumen hat Biss, KirschNat 2021 (beide von König) legt sich fast schon so rund wie Guinness an den Gaumen. ­Josef Totters apfelschaliger Muscaris 2022 gefällt der Runde ebenso wie sein Salon Helga ­Souvignier Gris. „Feiner Mundsex“, tönt Manuel Ploder-Rosenberg. „Aus der Flasche sprechen viel Erfahrung und ein gutes Bauchgefühl“, meint Fischer. Simon Engels Pét-Nat-Riesling hat eine coole Frucht und cremigen Charme. ­Fischers „Rosa Sprudel“ aus 75 % Blauem Wildbacher und 25 % Blauem Zweigelt signalisiert dem Gaumen: „Mehr!“ Den erst zweiten Pét Nat seines Lebens präsentiert ­Ploder-Rosenberg in unfiltrierter Form von „Luno“ 2022, der ein wenig später nachverkostet mit Luft noch mehr Körper bekommt. „Ein Bekenntnis dafür, dass man Bubbles zu jeder Tageszeit, bei jeder Gelegenheit trinken kann“, unterstreicht Kögl.

„Der Konsument ist mündig genug, um auszusprechen, was er mag und was er nicht mag.“ – Manuel Ploder-Rosenberg, Winzer

(c) Nikola Milatovic

Der „R.E.S.P.E.C.T“ 2022 (halb Schilcher, halb Zweigelt) hat der Winzerin selbst „zu viel Farbe“. Seit mehr als einem Jahrzehnt beschäftigt sich die Südsteirerin mit Pét Nat. Ihr „Forever young“ 2023 sowie „Under Pressure“ 2023 (allesamt nach Songtiteln benannt) haben den gewünschten Drive. Kollege Michael Gangl vom Weingut Kobatl schickt nach eigener Angabe „lustiges Zeug“ in die Runde. Seine PIWI-Kreation aus Muscaris und Souvignier Gris 2019 ist ein Aromafeuerwerk. Sehr saftig ist auch ­Dominik Machaters fein moussierende „Paula Weiß“ 2022. Viel Apfelkern und minimale Hirschbirne. „Das hat noch Babyspeck“, meint Kögl. „Zwischen Traube und Pét Nat lebt die Hoffnung. Manchmal ist das ein echter Blindflug“, konstatiert Totter. Weiter geht’s. Thomas Winkler-Hermadens Muscaris 2022 wirkt plakativ, Ploder-Rosenbergs Suno 2021 hingegen reduktiv.

 

„Pét Nat hat zurzeit eine ­flippigere ­Zielgruppe als vergleichsweise Sekt.“ – Hannes Harkamp, Winzersekt-Brain

Harkamps Pét Nat „völlig losgelöst“ 2022 gärt eine Woche auf der Maische und weist eine hohe Restsäure auf. „Schlank und leicht zerrissen“, so Fischer und schickt seinen ersten Perlwein aus 2018 ins Rennen. Wir erkennen etwas Buchweizen, dafür weniger Kohlensäure. Im Vergleich zu vorangegangenen ist diese Flasche leiser. Zum Drüberstreuen öffnet Kögl noch ihren frischen 2023er „R.E.S.P.E.C.T“. „Es ist schwierig, ein Fazit zu ­ziehen. Ich glaube, ich muss sowieso noch mal über alle ­drüberfliegen“, lacht Ploder-Rosenberg.

Von Tina Veit-Fuchs

Die Pét-Nat-Gefährten im VIA

Klaus Fischer: fischer-weine.at
Tamara Kögl: weingut-koegl.com
Hannes Harkamp: harkamp.at
Manuel Ploder-Rosenberg: ploder-rosenberg.at
Dominik Machater: machater.at
Thomas Winkler-Hermaden: winkler-hermaden.at

 

Beitragsbild: Nikola Milatovic