Die Vielfalt der kleinen Karibikinsel Grenada ist beneidenswert: Regenwald, Wasserfälle, Vulkane, Thermalquellen, mehr als 50 schöne Strände, jede Menge Karibikfeeling – und die feinsten Gewürze.
ls Kolumbus 1498 die Küste erblickte, ahnte er nicht, welches paradiesische Fleckchen Erde er vor sich hatte. „Wirf irgendwo eine Handvoll Saatgut hin und ein paar Tage später hast du einen Garten“, sagen die Grenader. Grenada, die Gewürzinsel, pflegt ihren Ruf als „Spice Island“ der Antillen. Königin ist die Muskatnuss, sie ziert sogar die Nationalflagge. Aber nicht nur Muskat, auch Vanille, Zimt, Nelken und vieles mehr gedeihen bestens auf den Vulkanböden. Das Geschäft mit den Urlaubern floriert genauso, trotzdem ist die Insel entspannt geblieben. Man zählt mehr als 50 feine Strände und hat weniger als zehn Verkehrsampeln. Zu Sand, See und Sonne kommt ein wichtiges Reiseargument dazu – Sicherheit.
„Das Mietauto kann man auf der Insel mit offenen Fenstern stehen lassen“, behaupten die Insulaner und sind stolz auf ihren sozialen Frieden. Die 311 Quadratkilometer große Insel ist eine Oase ursprünglicher Karibik geblieben, für aktive Reisende lockt im Landesinneren die großartige Natur mit Bergen, Regenwald und Wasserfällen.
Vom Maurice Bishop International Airport bis zu den goldenen Sandmeilen des Grand-Anse-Strandes sind es gerade mal zehn Minuten. Einchecken, Sandalen und Badezeug auspacken und sofort ans Meer. Schwimmen, segeln, Strandspaziergänge unternehmen, Beachlife unplugged – oder doch lieber am Hotelpool sitzen und den Cocktail genießen? Viel relaxter kann ein Karibiktrip kaum beginnen, dazu passt abends die kreolisch-karibische Küche im Restaurant.
City of St. George.
Die Hauptstadt liegt fast in Gehdistanz und gilt zu Recht als eine der schönsten der Karibik. Der Charme liegt im Naturhafen mit immergrünen Hügeln und unzähligen architektonischen Juwelen. Top-Blickfang sind die mächtigen Forts auf den Hügeln. Nach der Ausrottung der karibischen Bevölkerung war Grenada ab 1783 in französischem Besitz, danach blieb die Insel bis zur Unabhängigkeit 1974 britisch. Fort Frederik wurde beispielsweise von den Franzosen konstruiert. Die Briten übernahmen die Insel und vollendeten das Fort, um die Franzosen fernzuhalten!
Spannend ist jedenfalls ein Blick in das Grenada National Museum, zumal Grenada 1983 sogar in den Weltmittelpunkt rückte. Nachdem der beliebte Präsident Maurice Bishop damals soziale Reformen mit Schulbauten und kostenloser Gesundheitsversorgung vorantrieb, wurden ihm Annäherung an Kuba vorgeworfen. Es folgten Intrigen, Unruhen, die Ermordung von Bishop und die von Ronald Reagan befohlene US-Invasion „Urgent Fury“, um eine drohende „Kubanisierung“ der Insel zu verhindern. Doch diese Zeit wurde aufgearbeitet, die Demokratisierung und der Tourismus wurden mit Bedacht auf die eigene Bevölkerung vorangetrieben.
National Day.
Ab dem Vorabend des 7. Februar verwandelt sich die Stadt in eine Partyzone. Lokale DJs sorgen mit Calypso, Reggae und Soca für den Rhythmus, dazu gibt’s Gegrilltes. Und natürlich Bier und Rum in Unmengen. Es brodelt temperamentvoll in den vollen Bars, Tanzbein und Hüfte werden bis tief in die Nacht geschwungen. Das ist aber nur das Vorfeiern auf den National Day, der als „Independence Rally“ im National Stadium zelebriert wird. Die Grenader sind stolz auf ihre Insel und ihre Unabhängigkeit.
Grand Etang National Park.
Genauso abwechslungsreich bleibt es bei einer Tour ins Inselinnere. „Hopefully you’ll see the monkeys“, grinst Fahrerguide Delon. Der Grand Etang National Park ist das Naturprunkstück in den „Highlands von Greneda“, ein Süßwassersee, Regenwald, alte Vulkanlandschaften und die frechen Mona-Affen (aus Westafrika eingeschleppt) locken. Regelmäßige „daily shower“ sorgen für das satte Grün. Wanderer sind im Outdoorhimmel, von der Seewanderung bis zum mehrstündigen Mount Qua Qua Rainforest Trail gibt’s alles. Oder gleich weiter zu den Concorde-Wasserfällen samt Naturdusche. Das „Kalorientanken“ folgt prompt bei der Weiterfahrt. In einem malerischen Tal produziert „Tri Chocolate“ seine Schokolade. Wir erleben den Prozess von der Kakaobohne bis zum chocolate bar – und dürfen unseren Schokoladenriegel selbst herstellen.
Market day. Next stop ist Grenville.
Am Samstag ist in dem Städtchen Markttag, Bauern und Rastas kommen aus ihren Dörfern, um ihre Produkte zu verkaufen. Also rein in die Welt exotischer Düfte. Auch Rum und Musik gehören dazu. Jedenfalls wartet eine Orgie an Früchten, Gewürzen und Gerüchen, alles garantiert bio! Wir pilgern zum „Flavours of Grenada“-Restaurant und genießen local food.
Im Inselinneren von Grenada wuchert ein Garten Eden. „Die kleinbäuerlichen Strukturen sind gut intakt. Und dazu gibt’s die traditionellen Estates, wo auf Plantagen Zuckerrohr oder Kakao wachsen und verarbeitet werden“, erklärt die Deutsch-Grenaderin Jane Nurse bei einer Führung durch die brandneue Renegarde Rum Destillery: „Wir haben hier erstklassige Rohstoffe und versuchen, nicht nur Lieferant zu sein, sondern selbst hochqualitative Endprodukte zu produzieren.“ Renegarde Rum hat das geschafft, genauso wie die feine Schokolade aus dem nahen Belmont Estate. Dort ist die Besichtigung des gesamten Anwesens ein Erlebnis.
Mr. Trekking und sein Rum.
Simon Green gilt als Wanderpionier auf der Insel. Dazu gehört, Wanderwege im Regenwald und an der Küste zu Berggipfeln und Wasserfällen anzulegen, instand zu halten und neue Touren zu entwickeln. So marschieren wir vorbei an einsamen Bauernhöfen, rein in den Dschungel, hin zu plätschernden Bergflüssen und Wasserfällen. Angst vor Schlangen und giftigen Tieren ist unbegründet. Müde Muskeln werden im „thermal pool“ wieder fit. Kulinarisch setzt Simon auf die lokale Küche und indische Roti Shops, denn indische Leiharbeiter hatten vor vielen Jahren ihre Gerichte in die Karibik gebracht. Nebst Natur und Wandern gilt Simons zweiter Stolz einem der bekanntesten und fotogensten Bauwerke auf Grenada. Willkommen in der St. Antoine Rum Destillery, dort wird hinter jahrhundertealten Mauern mit alten Maschinen und eigenem Bergwasser hochwertiger Rum gewonnen.
Denkmal in Sauteurs.
Wir sind an die Nordküste übersiedelt: Am Strand lässt es sich unter Palmen träumen und ein Klippen- und Küstentrail führt ins nahe Dorf. Sauteurs ist ein Ort voller Langsamkeit und Historie: Hier haben sich der Legende nach an der Steilküste die letzten karibischen Ureinwohner in den Atlantik gestürzt, um nicht den französischen Soldaten in die Hände zu fallen. „Caribs Leap“ ist mit einem Bronzedenkmal gekennzeichnet.
Unterwasserkunst und Carriacou Island.
Auf dem Grund der Moliniere Bay nahe St. George’s gibt’s einen Tauch- und Schnorchelspot von Weltruf. Der Künstler Jason Taylor begann 2007 mit diesem weltweit ersten Unterwasserskulpturenpark. Mittlerweile stehen 75 Figuren fünf bis acht Meter tief am Meeresgrund. Am berühmtesten sind „Der Journalist am Schreibtisch“ und die „26 Menschen Hand in Hand im Kreis“. Auf Tauchstation zu gehen, lohnt sich!
Wem das alles zu turbulent ist, der sollte die zweistündige Fährfahrt auf die kleineren Inseln ins Auge fassen. Auf Carriacou ticken die Uhren noch ganz langsam. Die nahen Tauch- und Schnorchelspots in Hillsborough haben Weltklasseformat. Fehlt also nur noch Chillen am Strand mit Rumpunsch, am besten abends beim Sonnenuntergangsspektakel in Orange. Spätestens hier verfällt man der Leichtigkeit des Seins in der Karibik.
Grenada
Reisezeit: europäische Wintermonate bis März/April
Anreise: ab Wien/Frankfurt bequem in die Karibik
Grenada Tourism Authority: puregrenada.com
Wandern mit dem Trekkingpapst: instagram.com/hiddentreasureshikes
Tauchen Carriacou: deeferdiving.com
Text: Sepp Puchinger | Fotos: Manfred Mally