Steirischer Wein: Stille, tiefe Wasser

Sanfte Hügelketten und frische Weine: Dafür kennt und liebt man die Südsteiermark. Dabei ist die Palette der hier wachsenden Reben um Potenzen breiter gefächert, als man meint.

 

Ein Winzerabend in der Weinbauschule Silberberg und eine Tafelrunde mit hiesigen Weinbauern, die jeder für sich dafür stehen, dass die Steiermark weit mehr kann als duftige Muskateller und erfrischende Sauvignon blancs zu produzieren. Obwohl man natürlich nicht auf diese Weine verzichten möchte und die Südsteiermark ohne diese Weine nicht das wäre, was sie heute ist.

Und dennoch: Man würde nicht meinen, was für ein stilles Wasser die Südsteiermark doch ist, unter deren Oberfläche großartige Weine anderer Rebsorten und Stilistiken blubbern, die zeigen, welches immense Potenzial die Südsteiermark als Weinbaugebiet in sich birgt.

Winzer Ewald Tscheppe bringt es auf den Punkt: „Jeder, der in unsere Region kommt, ist zuerst einmal hin und weg. Wir haben diese Frische im Wein, die man nicht nachahmen kann. In der Region liegt so viel Potenzial, die Bedingungen sind großartig.“

 

Jeder Schluck eine eigene Welt

Die Winzer, die sich an diesem Abend um die Tafelrunde gesellen, wohnen und arbeiten nur wenige Kilometer voneinander entfernt. Und doch ist jeder Wein eine Welt für sich. Den Anfang macht Bernhard Schauer vom Weingut Schauer in Kitzeck im Sausal. Die Reben auf den steilen Hängen der Lage Gaisriegl, die das Weingut umgeben, wachsen auf rotem Schiefer.

Ein idealer Boden für Riesling. „Die Leute wundern sich oft schon, wenn man als Südsteirer dasteht und Riesling einschenkt.“ Doch im Sausal und in ihrer Höhenlage sei das nun einmal die ideale Rebe für den Standort. Die Probe aufs Exempel gibt dem Jungwinzer recht. Straff und feingliedrig präsentieren sich die Rieslinge, die Bernhard Schauer mitgebracht hat. Direkt salzig am Gaumen und mit dezenter Frucht.
Auch Winzer Stefan Potzinger ist begeistert. Er hat seine Prestige Cuvée St. Leonhard zur Verkostung mitgebracht. Traminer und Grauburgunder in einem kräftigen Zusammenspiel, von dem es nur 600 Flaschen gibt. Eine steht hier am Tisch und beweist, dass Traminer auch in diesen Breitengraden Großartiges hervorbringt. Auch als Süßwein. Das zeigt die Traminer Auslese 2013, die Stefan Potzinger zum Finale der Verkostung präsentiert. „Die Säure ist besonders wichtig bei diesen Weinen und unser Klima begünstigt diese sehr.“

Der nächste Winzer im Bunde ist Gottfried Lamprecht. Sein Weingut steht in Markt Hartmannsdorf, wo mehr Äpfel als Trauben reifen. Daher waren weder Vater noch Gemeinde begeistert, als der junge Winzer 2007 begann, Reben auszupflanzen. Und zwar im gemischten Satz. Gottfried Lamprecht: „Man sagt ja, dass alle Rebsorten zusammen die Region noch viel besser darstellen als eine alleine. Meine Weine sollen nur ihre Herkunft tragen.“

So ranken am Bucherberg rund um den Herrenhof Lamprecht Weißburgunder neben Grauburgunder, Welsch­riesling, Furmint und Rotgipfler und zeigen in Bucherberg weiß 2014 sowie Sand + Kalk 2015, wie herrlich die Oststeiermark schmeckt, wenn jemand seine Reben versteht.

Manuel Ploder vom Bioweingut Ploder Rosenberg in St. Peter am Ottersbach zeigt, wie man auf ihrem Weingut im Einklang mit der Natur arbeitet.

Ploder: „Wir wollen die Pflanzen stärker machen. Daher arbeiten wir neben PIWI-Sorten auch intensiv mit Tees und Homöopathie.“ Ploders erster Wein, Blanca 2013, ist dabei ein sanfter Einstieg in die Linie der maischevergorenen Weine: Weißweine, die wie Rotweine samt Traubenschalen und -kernen, manchmal auch mit den Stielen, vergären und dadurch komplexe und tiefgründige Weine entstehen lassen. Der Maro1, zu Deutsch Wasser, genoss 120 bis 360 Tage auf der Maische.

Und das in der Amphore. Chardonnay und Sauvignon blanc als überwiegender Anteil in einer ganz neuen Ausdrucksart. Weiter südwestlich, nämlich bis knapp an die Grenze zu Slowenien, geht es, will man Ewald Tscheppe am Weingut Werlitsch einen Besuch abstatten. Auch seine Weine wachsen direkt angrenzend an den Betrieb und sind in Ex Vero I. bis III. Ausdruck ihrer Herkunft.

Tscheppe: „Mein Ziel ist es, die Lebenskräfte und -geister im Produkt zu erhalten. Ich denke nicht über den Kunden nach, ob ihm
das schmeckt oder nicht, sondern darüber, was es braucht, um diese Vitalität zu erhalten.“

Eine Vitalität, die die Trauben aus dem Boden und Klima der Südsteiermark mitbringen, sagt der Winzer und mit Ex Vero II. 2011
und 2006 zeigt er, dass diese auch noch nach mehr als zehn Jahren mit freudiger Lebenskraft überzeugt. 

Gastgeber Reinhold Holler von der Weinbauschule Silberberg beweist mit einem Zweigelt Reserve 2013, dass die Südsteiermark nicht nur weiß, sondern auch rot kann. „Ein Teil reift sogar in Fässern aus Kitzecker Eiche“, so der Önologe des Landesweinguts Silberberg. Einige der am Tisch sitzenden Winzer sind durch die Schule des Landesweinguts gegangen und haben hier ihr Handwerk erlernt.

Daher ist das Grand Finale der Verkostung auch ein „La Grande Finale“. Ein Winzersekt, den der aktuelle Absolventenlehrgang der Weinbauschule vom Grundwein über die Versektung und bis zur Preiskalkulation produziert hat.

Holler: „Wichtig ist, dass jeder dieses Haus mit der Begeisterung für Wein wieder verlässt.“

Das gilt auch für diese Tafel, von der alle beeindruckt und begeistert wieder in die unendlichen Weiten des Weins aufgebrochen sind.

Weingüter

Weingut Stefan Potzinger
8424 Gabersdorf
Weine: St. Leonhard Prestige Cuvée 2014,
Traminer Auslese 2013
potzinger.at

Weingut Schauer
8442 Kitzeck im Sausal
Weine: Riesling Gaisriegl 2015,
Riesling Alte Reben 2015
www.weingut-schauer.at

Herrenhof Lamprecht
8311 Markt Hartmannsdorf
Weine: Bucherberg weiß 2014,
Sand und Kalk 2015
www.herrenhof.net

Weingut Werlitsch
8463 Glanz an der Weinstraße
Weine: Ex Vero II. 2011, Ex Vero II 2006,
www.werlitsch.com

Biowein von Ploder-Rosenberg
8093 St. Peter am Ottersbach
Weine: Blanca 2013,
Maro Beseelt1 2013/2014/2015
www.ploder-rosenberg.at

Landesweingut Silberberg
8430 Leibnitz
Weine: Zweigelt Reserve 2013, La Grande Finale
www.silberberg.at

 

NINA WESSELY

 

Fotos: Helmut Lunghammer