Von Tattoo bis Street-Art: Carola Deutsch lebt ihren Traum

Carola Deutsch | Foto: Stella Kager
Fräulein Carolas Gespür für Kunst. Kreatives Ausnahmetalent Carola Deutsch über Selbstverwirklichung und künstlerische Freiheit.

Kaffee & Kahlo

Carola Deutsch | Foto: Stella Kager

Carola Deutsch und ihre Schwester Sabrina. Foto: Stella Kager

Es ist Montagfrüh, 9 Uhr, und ich bin mit Carola Deutsch verabredet. In ihrem Kreativstudio Decasa im obersten Stockwerk eines historischen Hauses am Grazer Glockenspielplatz empfängt mich die Künstlerin bestens gelaunt gemeinsam mit Sabrina, ihrer Schwester, die gleichzeitig Geschäftspartnerin und strategisches Mastermind ist.

„Kaffee?“
Gerne.

Nicht ohne Stolz führen mich die beiden durch die sonnendurchfluteten Räume über den Grazer Dächern, die sie erst im vergangenen Februar bezogen haben. Im Eingangsbereich prangt raumhoch Frida Kahlo als Wandgemälde – für Carola Deutsch eine Ikone, die immer wieder Eingang in ihre Arbeit findet. Überhaupt inspirieren sie Menschen und ihre Geschichten, erzählt sie mir. „Die Porträtmalerei hat mich schon sehr früh beeinflusst, weil jedes Gesicht seine Besonderheiten und Geheimnisse hat.“

Die Liebe zum Jazz

Vor Kurzem präsentierte sie im Rahmen ihrer Werkschau „Come fly with me“ einen bemerkenswerten Bilderzyklus mit den Konterfeis von Musikgrößen wie Amy Winehouse und Ray Charles.

Der Output einer musikalischen Phase: „Ich habe mich viel mit Jazz beschäftigt im letzten Jahr.“ Die Bildsprache von Carola Deutsch hat etwas Verwegenes, erzählt von praller Lebensfreude mit einer Ahnung von Vergänglichkeit, vereint spielerische Leichtigkeit und ernsthafte Tiefe. Ein Stil, der gerade Sammler aus dem In- und Ausland auf den Plan ruft. Nahezu täglich trudeln neue Anfragen für Auftragsarbeiten ein. Den Spagat zwischen Kunst und Kommerz sieht die 29-Jährige pragmatisch: „Ich male kein Bild passend zur Couch des Kunden.“

Jedes Jahr einmal verwirklicht sie ein Herzensprojekt – ganz ohne Auftraggeber. „Es ist wichtig, dass Kunst auch nur der Kunst wegen passieren darf.“ Der Sog Richtung Kunst hat bei ihr früh eingesetzt. Mit fünf Jahren malt sie nach Vorlagen von Claude Monet, im Volksschulalter entstehen Gemälde auf den Fenstern des Klassenzimmers. „So hat alles angefangen.“ Mit einer Mutter, die die Begabung erkannte und förderte, der Kunst Raum und Freiheit gab. „Ich hatte einen eigenen Arbeitsraum mit Staffelei. Chaos und Patzerei waren meiner Mutter egal.“ In der Ortweinschule für Kunst und Design und der Meisterklasse für Malerei erhält ihr Talent den Feinschliff.

Carola Deutsch | Fotos: Werner Krug, decasa (5)

Für ihren ganz speziellen Stil stehen Anwärter Schlange. Verschiedene Lebensphasen, Interessen, Leidenschaften schlagen sich in Carola Deutschs Arbeiten nieder: Im Porträtzyklus „Come fly with me” brachte sie ihre Liebe zum Jazz auf die Leinwand. Ihre XXL-Wandmalerei ziert das hippe Grazer Restaurant „Streets”. Fotos: Werner Krug, decasa (5)

 

Haut als Leinwand

Nach der Ausbildung sucht sich Carolas künstlerischer Schaffensdrang immer neue Ausdrucksmöglichkeiten, ihre Kunst geht jetzt auch unter die Haut. Sie lässt sich zur Tätowiererin ausbilden, macht sich schließlich selbstständig. Heute spielt sie in der Topliga der internationalen Tattoo Artists.

„Es ist wichtig, dass Kunst auch nur der Kunst wegen passieren darf.“

Rund 500 Tattoowünsche erreichen sie pro Jahr, nur einen Bruchteil davon kann sie umsetzen. „Das Nein-Sagen musste ich erst lernen. Aber der Tag hat eben nur 24 Stunden.“ Bei der Auswahl ist sie rigoros, tätowiert nur Motive, die ihrem sehr speziellen Stil entsprechen. „Der Funke muss einfach überspringen.“ Wer das Glück hat, einen Tattoo-Slot zu ergattern, genießt dafür das volle Paket aus Kreativität und Aufmerksamkeit – und einen Tätowierstuhl mit freiem Blick auf den Grazer Uhrturm.

Zum Dreigestirn der Kunst von Carola Deutsch gehört neben der Malerei und dem Tätowieren auch die Leidenschaft für Street Art. Hausfassaden, öffentliche Flächen und Wohnzimmerwände in Graz, New York oder Barcelona tragen ihre Handschrift. Oft XXL-Motive, die mehrere Monate Arbeitszeit in Anspruch nehmen. Meine letzte Frage, was denn ihre Botschaft an die Welt sei, ist schnell beantwortet: „Alles ist möglich. Man muss nur größer träumen. Vielleicht designe ich ja einmal Sneakers für Nike.“ Wir geben das jetzt einfach mal so weiter.

DECASA Kreativstudio GRAZ
Carola & Sabrina Deutsch
Glockenspielplatz 5 / TOP 131a
8010 Graz
www.decasa.at

Beitragsbild: Stella Kager
CLAUDIA PILLER-KORNHERR