VIA weiß, wo steirisches Kino noch glänzt. Film ab!

Kino | Foto: Marcel Koehler
Es gibt sie noch: die kleinen, alten Lichtspielhäuser. Mit ausgesuchtem Programm. Und Betreibern mit viel Leidenschaft für Celluloid, Leinwand und Publikum. Auf Spurensuche in der Steiermark.

1906 eröffnete der Lichtspielpionier Oskar Giercke in Graz das erste ortsfeste Kino. Das Grazer Bioskop befand sich in der heutigen Conrad-von-Hötzendorf-Straße. In Gierkes zweitem Lichtspielhaus, dem Bioskoptheater Annenhof fanden bereits an die 1.000 Personen Platz, die Anmutung war einem eleganten Theater nachempfunden. 1910 wurde das Edison-Theater eröffnet, bekannt als das „schönste Kino der Monarchie“. In der Hochblüte des Celluloids Anfang der 50er-Jahre hatte praktisch jeder Grazer Bezirk sein eigenes Bezirkskino.

Und auch im steirischen Umland ermöglichten zahlreiche Kinosäle dem ländlichen Publikum ein regelmäßiges Filmvergnügen. Eine Vorstellung, die wie aus der Zeit gefallen erscheint angesichts des Kinosterbens zugunsten großer Megaplex-Center vor den Toren der Stadt. Doch wer suchet, der findet. Es gibt sie nämlich noch, gemütliche, kleine Kinos, in denen Cineasten mit Hang zur
Nostalgie auf ihre Kosten kommen.

Kunstkino Geidorf

Von den peu à peu verschwindenden Grazer Bezirkskinos war schließlich das Kino Geidorf das einzig verbliebene. Hinter den Marktständen am Geidorfplatz, unweit des Grazer Stadtparks gelegen, gilt es den Kinofreunden der steirischen Landeshauptstadt als Kleinod unter den Filmbühnen. Heute hat sich das Haus als Kunstkino Geidorf einen Namen gemacht und eine treue Fangemeinde um sich versammelt, die anspruchsvolle Filme abseits des Mainstreams schätzt. Einmal im Monat stehen „Gustostücke“ am Programm, ausgewählte Filme, die oft bereits vor ihrem offiziellen Kinostart ausgestrahlt werden. Allseits beliebt: das sonntägliche Filmfrühstück mit Live-Musik unter dem Motto „Eat the pictures“!

Kino | Foto: Marcel Koehler

Treffpunkt für Grazer Cineasten: das Kunstkino Geidorf.
Foto: Marcel Koehler

Hasewends Lichtspielhaus

Im Jahr 1913 eröffnete der Maschinenmeister Josef Mecke im Saal des Gasthofs Gensinger das erste Kino in Eibiswald. Die Begleit­musik zu den gezeigten Stummfilmen besorgte ein Trichter­grammophon. Friedrich und Siglinde Hasewend übernahmen im Jahre 1958 den Betrieb, der seit 55 Jahren im Besitz der Familie und seit seiner Eröffnung ohne nennens­werte Unter­brechung in Betrieb ist. Der große Einbruch in der Kino­geschichte kam Anfang der 1980er mit der Video-Welle. Dank der Kombination mit Gasthof und Fleischerei konnten die Hasewends diese Dürre­periode glimpflich überstehen. Heute genießen die Zuseher in Hasewends Lichtspielhaus in den edlen roten Samtfauteuils Kulturfilme, europäische Kultfilme und hin und wieder Österreichpremieren der neuesten Blockbuster, und das seit 2012 auch in 3D-Bild- und -Tonqualität.

Kino | Foto: Hasewend

Hasewends Lichtspielhaus, ein architektonisches Kinojuwel mit allen technischen Finessen. Foto: Hasewend

Polsterlkino Ligist

In der südwestlichen Ecke des Pfarrhofes in Ligist untergebracht, befindet sich eines der ältesten Kinos der Steiermark. Gegründet in den 50er-Jahren als Pfarrkino, wurde der Kinobetrieb 1990 wegen Unrentabilität eingestellt. 1991 kamen einige Ligister Mütter, angeführt von Ellen Müller, auf die Idee, für die Ligister Kinder einmal im Monat einen Kinofilm zu zeigen. Daraus entstand der Filmklub Polsterlkino. Der Name rührt von den Polstern für die alten Holzklappstühle her, die man beim Kinoeingang mitnehmen kann.

Dank der Unterstützung des Referates für Volkskultur des Landes Steiermark und zahlreichen Förderern konnte das Kino adaptiert und auf den technischen State-of-the-Art gebracht werden. Die gefürchteten Filmrisse sind damit Geschichte. Leider, wie manche eingefleischte Filmfreaks meinen. Das Polsterlkino Ligist bemüht sich, einmal im Monat (meist am zweiten Samstag im Monat) Filme anzubieten, die niveauvolle, lustige, zu Herzen gehende Kinoerlebnisse versprechen. Selbst gemachtes Popcorn, frisch gebackene Stangerl, Brot, Aufstriche und Kuchen sowie Wein aus Ligist und Bier und Säfte werden am Buffet angeboten. Das Angebot gilt nur für Klubmitglieder. Die Mitgliedschaft ist kostenlos und kann ganz einfach im Rahmen des Kinobesuches erworben werden.

Kino Frauental

Seit über 60 Jahren betreibt Hilda Diwald das Kino Frauental nun schon. Noch heute sitzt sie gerne selbst an der Kinokasse und freut sich über einen Plausch mit einem ihrer zahlreichen Stammgäste. Gemeinsam mit ihrem Mann Walter hat die damals 25-Jährige am 21. Dezember 1952 in Frauental an der Laßnitz im Bezirk Deutschlandsberg ihr Lichtspielhaus eröffnet. Damals habe es im Bezirk noch 15 Kinos gegeben, erinnert sie sich. Zwei davon seien noch übrig.

Mit der Zeit hat sich auch das Kino immer wieder verändert, bereits kurz nach der Eröffnung wurde mit dem Zubau eines Cafés begonnen. Die 240 Sitzplätze des Original-Interieurs wurden bald durch 128 komfortablere Modelle ersetzt. Passend zu den immer moderner werdenden Filmen wurde ein Dolby-Stereo-System angeschafft.

Kino | Foto: Siegfried Ullrich

Seit 1952 betreibt Hilda Diwald das Lichtspielhaus in Frauental an der Laßnitz. Foto: Siegfried Ullrich

Bis vor Kurzem wurde das Kino in Frauental als eines der letzten in Österreich noch mit klassischen Filmrollen bestückt. Um der Nachfrage ihrer Kinobesucher gerecht zu werden, entschied sich die rüstige Betreiberin, die im Vorjahr ihren 90. Geburtstag feierte, auf digitale Technik umzusteigen. Eine große Investition, die sich gelohnt hat, denn das Kino zieht wieder mehr Besucher an. Sie haben also allen Grund zu Optimismus, die charmanten kleinen Kinos der Steiermark.

CLAUDIA PILLER-KORNHERR

Beitragsbild: Marcel Koehler