Die rote Erde und der Basalt von Klöch scheinen ein Garant für Vielfältigkeit und die damit verbundenen vinophilen Möglichkeiten. Da hilft nur eines: Durchkosten!
Gäbe es keinen Traminer, wäre Klöch wohl nicht über die eigenen Grenzen hinaus bekannt geworden. Doch Klöch kann mehr als Traminer. Diesen Beweis treten bei der VIA-Weinkost vier ansässige Winzer an, die viel über Wein reden und wohl noch mehr darüber nachdenken. Stefan Müller hat schon früh begonnen, die Stilistik seiner Böden aus roter Erde und Basaltgestein herauszuarbeiten. Der rote Anstrich seines schnörkellosen Weinguts, in dem wir diesmal verkostend zu Gast sind, ist der roten Erde des gegenüberliegenden Steinbruchs nachempfunden. Rostrot, Orangerot, Ziegelrot, Karminrot, Purpurrot. Rot hat manchmal, egal wie es daherkommt, mit dem Vorurteil zu kämpfen, zu laut zu sein. Fern seiner Signalwirkung ist die Farbe Rot am Weingut Müller tiefgründig, zurücknehmend, schmeichelhaft. Ob auch den Weinen abseits des Traminers diese Eigenschaften zuzuschreiben sind?
Weingut Müller Klöch
Seit 1973 fühlt sich die Winzerfamilie Müller in Klöch dem Weinbau verpflichtet.
Klöch 51, 8493 Klöch
Tel. 03475/7160
Wir starten mit einem Flight des Klöcher Bürgermeisters. Daniel Tegel hat 2009 das Weingut Schuster-Tegel übernommen und werkt auf fünf Hektar zwischen den Lagen Seindl, Klöchberg und Zaraberg. Seit acht Jahren betreibt er parallel einen Buschenschank, 2022 wurde er Frontmann der 1.200-Seelen-Gemeinde. Mit Riesling Ried Klöchberg 2019 im Glas sinnieren wir über die Bedeutung der Rebsorte auf Basaltgestein und stellen fest: Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. „Ich werde noch zum Riesling-Fan“, lacht Winzerkollege Günther Domittner in die Runde. Auch uns gefallen das dem Basalt geschuldete sanfte Kribbeln hinten raus und die schöne Sandigkeit am Gaumen. „Ich bin froh, in Daniel einen Riesling-Weggefährten in Klöch gefunden zu haben“, hebt Hausherr Stefan Müller hervor. Das Verkostungsfeuer brennt schon anfangs lichterloh. Wenig verwunderlich – im Thermen- und Vulkanland brodelt es ja ständig unter der Oberfläche. Betrachtet man die geologischen Schichten in Klöch, so entsteht das Bild einer feuerspeienden Insel, die hoch über dem einstigen Urmeer herausragt. Noch heute werden Ortsbild und Weinbau von Klöch vom Klöcher Vulkan dominiert. „Früher waren unsere Vorfahren nur mit einem Spaten im Weingarten unterwegs. Durch die großen Erdbewegungen vor allem bei Neuanlagen wird der einstige Ascheauswurf des Vulkans sichtbar. Die Bodenprofile rund um Klöch sind einzigartig“, so Domittner. Wir schwenken: Sauvignon blanc Ried Zaraberg 2019 wird ausgeschenkt und präsentiert sich trotz fetter, tiefgründiger Böden recht zart und reduziert mit schöner Frucht und leichter Blume.
Kein Bemmerl
Ehe wir uns versehen, halten wir den ersten Traminer der Runde in Händen: Gewürztraminer Ried Seindl 2019. Tegel hält nicht hinterm Berg: 15 Volumprozent sind kein Bemmerl, aber mit 2,5 Gramm Restzucker auszuhalten. Die Rebsorte schluckt das neue Holz gut. Winzerkumpan Fritz Frühwirth spricht von einem „sehr schönen Vertreter seiner Zunft“. Bei Frühwirth haken wir gleich ein und steuern auf einen Weißburgunder Ried Hochwarth 2020 zu. „Weißburgunder wird viel zu oft unterschätzt. Viele sprechen immer nur vom großen Bruder Morillon“, klärt der Winzer auf. Dabei sei gerade der Weißburgunder dafür prädestiniert, Aromen herauszukitzeln. Ausgebaut im kleinen und großen Holzfass, überzeugt der Wein mit feinem Ascheduft (ja, wirklich!) und zarter Mandel am Gaumen. Prädikat: „Nice!“ Es folgen Morillon Ried Rosenberg 2020 (füllig, aber nicht plump mit harmonischer Cassis-Aromatik) und Gelber Traminer Ried Hochwarth 2019. Letzterer überzeugt durch eine kräftige Aromenstruktur mit bauchpinselnder Mandarine. Fritz Frühwirth hat seinen Betrieb, der auf den Großvater zurückgeht, sukzessive von vier auf 13 Hektar ausgebaut. Burgunder, Sauvignon blanc und Traminer sind seine Steckenpferde. Auch einen kleinen Rotweinanteil und ein „Weintheater“ als vinophile Erlebnisstätte listet er mit Stolz.
Des Müllers Lust
Kümmern wir uns um das Sortiment des Gastgebers Müller und um den Riesling Ried Seindl 2020. Die Ried Seindl befindet sich direkt auf der flachen Kuppe des Klöcher Vulkans in rund 400 Meter Seehöhe. Der Weingarten ist wie ein Fächer Richtung Osten und Süden ausgerichtet und weist eine zunehmende Neigung bis 40 Prozent auf. „Man merkt in diesem Wein die dunklere Fruchtausprägung. Je mehr Basaltgestein zum Tragen kommt, desto würziger werden die Weine“, erklärt Müller. Schon sein Vater habe Riesling gerne getrunken. Eineinhalb Hektar widmet er jener Rebsorte aktuell. Dass er die Lage Seindl immer „am Punkt“ erntet, unterstreicht seine geradlinige Herangehensweise. Seit 2015 hat man Lagenweine im Sortiment. „Mir ist wichtig, dass wir hier nicht bis zur letzten Reife abwarten, um die Süffigkeit der Lagenweine zu erhalten.“ Weiter geht’s mit dem Sauvignon blanc Ried Seindl 2020: Trauben von mindestens 30 Jahre alten Stöcken, spontanvergoren, filtriert. Die Saftigkeit und feine Säure mit 13 Volumprozent verdankt man den alten Reben.
Der Wein darf aber ruhig noch etwas liegen. Der Gewürztraminer Ried Hochwarth 2019 Große Lage Eruption erscheint wider Erwarten vergleichsweise zurückhaltend. Kein Nachteil. Womöglich darf auch er noch etwas Lagerfähigkeit tanken. Wir sind bei Günther Domittners Flight angelangt und freuen uns über einen vollmundigen Chardonnay Ried Hochwarth 2019. „Die 19er kennt man alle raus – das ist ein toller Jahrgang“, wirft Fritz Frühwirth ein. Ein ausgewogener Speisenbegleiter ist der Traminer Xero 2021, weil er intensiven Gerichten wie Krensuppe oder Backhendl durchaus standhalten kann. Letztendlich ist er einer von sieben Traminern, den Domittner im Sortiment hat. Als spannungsgeladener Abschluss wird Gewürztraminer Gold 2018 serviert. Der Name gibt farblich den Ton an. Drei Wochen Maischestand, rauchiges Holz, leichter Tabak – etwas für experimentierfreudige Gaumen. „Der hat einen guten Druck“, attestiert Frühwirth. „Vielschichtiges Terroir lässt viel Spielraum zu. Das taugt mir“, betont Domittner, dessen Bruder mitten in Klöch ein Hotel samt Restaurant führt. „Ich experimentiere gerne, habe 2001 den ersten Eiswein von Klöch gemacht, arbeite im Weingarten mit eigenem Kompost und Steinmehl.“ Nächstes Jahr feiert das Weingut Müller übrigens sein 50-jähriges Bestehen. Das kann man sich schon mal im Kalender rot markieren. Dann wird das Rot und alles Drumherum mit Fug und Recht an Lautstärke gewinnen.
Buchtipp
Druckfrisch mit dem Duft der Klöcher Traminerrose: Ein Kochbuch mit 51 Rezepten und 14 Winzern, die allesamt unter der Postleitzahl 8493 – so auch der Titel des Buches – leben und agieren. Erhältlich u. a. in der Vinothek Klöch: vinothek-kloech.at
Text: Tina Veit-Fuchs | Fotos: Jimmy Lunghammer