Gründe, Vilnius ganz oben auf die Travel-Bucket-List zu setzen, gibt es genug. Allein der unvergleichliche Mix aus Barock-Charme und Startup-City macht die litauische Hauptstadt erlebenswert. Das Baltikum ruft – und wir kommen!
In den Top Ten der europäischen Städtetrip-Destinationen taucht Vilnius noch nicht auf. Mit Betonung auf noch. Denn in den letzten Jahren entwickelte sich das Baltikum immer mehr zum Liebling der Travelblogger und Jetsetter. Darunter auch Litauen – geografisch gesehen übrigens der Mittelpunkt Europas. Einst noch hinter dem Eisernen Vorhang, mittlerweile ein Land, in dem der Tourismus zu den wichtigsten Einnahmequellen zählt. Dafür wird auch etwas geboten: Wirft man einen Blick nach Vilnius, die rund 540.000 Einwohner fassende Metropole Litauens, wird man angenehm überrascht. In erster Linie von der charmanten Polarität, die die Stadt durchzieht.
Vilnius ist nicht nur die am schnellsten wachsende Stadt Nordeuropas – sie zählt sogar zu den ältesten Städten des Kontinents. Davon zeugen eine beeindruckend erhaltene Altstadt, ein Mix aus Gotik-, Barock- und Renaissance-Bauwerken sowie die älteste Universität Nordeuropas. Dazu das Wahrzeichen der Stadt, der Gediminas- Turm am 142 Meter hohen Burgberg, einzig erhaltener Eckturm der einstigen Oberen Burg. Im krassen Gegensatz zum Kopfsteinpflaster und den jahrhundertealten Gebäuden und Kirchen des mittelalterlichen Stadtkerns stehen die zahlreichen hippen Viertel und die vielen Shopping-Malls, die sie umgeben.
Historische Stadt im Aufbruch
Es ist dieser Mix aus Alt und Neu, mit dem Vilnius einen in seinen Bann zieht: Der Charme der alten Bauten tut dem Start-up-Charakter der Stadt keinen Abbruch. Man spürt, hier geht etwas weiter. In den alten Straßen tobt das Leben. Die Leute wirken aufgeschlossen, weltoffen. Style ist in Vilnius wichtig – und definitiv kein Zufall. Trendige Cafés und Bars säumen die Straßen, an jeder Ecke warten Hipster-Food und kostenloses WLAN mit Megaspeed.
Auch in Sachen Museen ist Vilnius auf der Überholspur – im „non-Museum“ etwa wird nicht wie üblich etwas ausgestellt, sondern ausschließlich digital erzählt. So erfährt man hier nicht nur alles über die Geschichte der Stadt, sondern kann dank Virtual-Reality-Brillen auch Kurztrips durch die City, eine Paddeltour oder einen Flug mit dem Heißluftballon erleben. Ballonfliegen ist aber auch „in echt“ eine gute Möglichkeit, Vilnius von oben zu erkunden. So schafft man es auch, die gut 50 pompösen Kirchen und die Skyline der Stadt in einem Stück zu bestaunen.
Ebenfalls einen guten Rundumblick bietet der Burghügel mit dem Gediminas-Turm, erreichbar zu Fuß oder über eine kurze Standseilbahn.
Lächelnd in den Freistaat
Solange es die Temperaturen zulassen, eignet sich Vilnius perfekt zum Picknicken. Grünflächen machen immerhin 40 Prozent der Stadt aus. Besonders beliebt: der Kalnu-Park, der an den Fluss Vilnia (übrigens Namensgeber der Stadt) und ans Viertel Užupis grenzt. Dieser in der Altstadt gelegene Künstlerbezirk – gerne auch mit dem Pariser Stadtteil Montmartre verglichen – erlangte im Rahmen einer Kunstaktion sogar den Status einer eigenen, unabhängigen Republik. Die Sache mit dem Freistaat nimmt man hier allerdings nicht zu ernst, zumindest was Formalitäten betrifft.
Immerhin, was man wissen sollte: Die Einreise kostet ein Lächeln. Und schon ist man mittendrin in der Künstler-Republik, bestaunt die bunten Fassaden der Häuser, entspannt in einem der zahlreichen Straßencafés, shoppt Skurriles in den kleinen Boutiquen, stärkt sich in einem der Restaurants (Insider-Tipp: das Sweet Root – regional-saisonale Küche mit kreativem Kniff, tolle Weine).
In Sachen Kulinarik findet man in der litauischen Metropole sowieso ein buntes Potpourri an Internationalem. Wer Traditionelles sucht, bestellt Šaltibarščiai – eine kalte Suppe mit Roten Rüben und Kartoffeln. Oder eines der typischen Kartoffelgerichte wie Cepelinai, längliche Knödel mit Fleischfüllung, serviert mit Sauerrahm, Speck und Zwiebeln. Oder aber Blynai, Pfannkuchen mit würziger oder süßer Füllung. Ja, die litauische Küche ist deftig! Kalorienphobiker drücken hier am besten ein Auge zu. Beim Verdauen hilft angeblich sowieso ein Stamperl Balzamas – der fast schwarze, landestypische Kräuterlikör. Na dann: Prost!
ANJA FUCHS
Beitragsbild: kavalenkava/Shutterstock