Unaufgeregt gut, beherbergt in einem 450 Jahre alten Gasthof: Familie Rainer führt den Trautentalwirt seit 35 Jahren und sorgt mit bedachten Facelifts für gute Bauchgefühle.
Am Fuße der Kleinalpe in Geistthal-Södingberg hält die Lipizzanerheimat ein kleines Gasthausjuwel bereit. Seit 450 Jahren beherbergt das altrosa Gemäuer Gastlichkeit und Bürgertum. 1989 zogen Johann und Romana Rainer ein, wenig später folgte Johann junior. „Ich hatte mit zwei Jahren schon eine eigene Kochjacke. Das Gasthaus war mein Spielzimmer“, erinnert sich der erste Sohn des Hauses gerne an seine gästereiche Kindheit zurück. Heute steht er als Mastermind hinter den Kulissen u. a. neben seinem Papa in der Küche, seine Frau Lisa schupft den Patisserie-Posten und Bruder Martin ist der Frontman für das vorwiegend biodynamische Weinsortiment. Jeder gibt im Trautentalwirt seinen Senf dazu und darin sieht die Familie keinen Nachteil.
„Unsere Eltern sind jeden Entwicklungsschritt mitgegangen. Sie haben sich vor unseren innovativen Ansätzen nicht verwehrt, sondern sie stets mit Freude mitgetragen“, so das Brüderpaar. „Bis vor wenigen Jahren“, damit adressieren sie die Zeit vor der Coronapandemie, seien sie ein klassisches Landgasthaus gewesen. Mit Kartendipplern an der Theke und Familientischen an Sonntagen. „Das Wirtshausleben hat sich seit 2020 verändert. Diese Tatsache haben wir als glückliche Chance gesehen, unser Konzept zu überarbeiten, um künftig dem, was wir fünf gebündelt mitbringen, eine noch bessere Bühne bieten zu können.“ So entstand die Idee des „Trara“ – ein Überraschungsmenü, das man monatlich anbietet und zu dem man auch wechselnde Gastwinzer einlädt. Kredenzt wird Gegensätzliches, das sich anzieht: „Heimatverbunden, aber weltoffen. Unkompliziert, aber besonders. Zeitlos, aber zeitgemäß.“
Hansi seniors butterweicher Zwiebelrostbraten darf dabei auch nicht fehlen. „Das ist Papas USP“, lachen die Kinder. Brennsterz oder das Schweinsbratl mit Grammelknödl und geriebenem Kürbiskraut ist ein weiterer Klassiker, den Gäste von nah und fern zu schätzen wissen. Hausgemachte Kroketten oder Zwiebelbuchteln begleiten die herbstlichen Wildwochen. Lammspezialitäten kommen vom eigenen Bestand und werden mit Butz und Stingl, zu Neudeutsch „from nose to tail“, verarbeitet. Passion pur im Zeichen der viel diskutierten Herkunftskennzeichnung. „Das leben wir vom Fleisch bis zum Salat seit Jahrzehnten“, verfolgt auch die dritte Gastrogeneration der Rainers den Slow-Food-Gedanken. Unaufgeregt gut.
„Wenn etwas Tradition hat, dann kann man das auch, ohne es zu verändern, so stehen lassen.“ – Johann Rainer jun.
„Die Liebe zur Gastronomie haben wir ganz klar unserer Oma, einer begnadeten Köchin, und unseren Eltern zu verdanken.“ Visionen hat das junge Trio noch so einige in der Schublade. Brechstange ist keine im Schrank. „Wir möchten ein steirisches Gasthaus bleiben. Für uns bedeutet das Vorwärtsgewandtheit, ohne alles umschmeißen zu wollen. Es gibt Dinge und Gerichte, die brauchen ohnedies keine Veränderung“, so Johann Rainer.
Seine Überzeugung: „Wenn etwas Tradition hat, kann man das auch unverändert so stehen lassen.“
Von Tina Veit-Fuchs
Beitragsbilder: Martin Rainer (Quintett mit Quintessenz: Familie Rainer (v. l.) mit Schwiegertochter und Patissière Lisa, den Eltern Romana und Johann sowie den Söhnen Johann und Martin. )